Wer sich dieses Mumbles-Tape ins Haus holt, dem empfehle ich wärmstens, beim Abspielen auf gar keinen Fall die Stop – Taste zu betätigen (außer in wirklichen Notfällen, wie z.B. Helge Schneider ruft an). Einmal unterbrochen, ist es fast unmöglich wieder auf Anhieb in den trance-artigen Zustand zurückzufinden, den man beim Hören erreicht.
„Muddy Blue Butter Skies“ heißt dieses Prachtstück der Mumbles und ist der Nachfolger deren 2015 erschienenen Debuts „Geese my Eyes“, beide auf dem kanadisch/italienischen (Berlin based) Tape Label Kitchen Leg Records, das man sich als Tape Addict unbedingt merken sollte, da jede Release mit einzigartigem DIY Cover Artwork designed wird.
„Du musst kein Instrument spielen können, Du musst nur regelmäßig zur Probe erscheinen“, hatte Krisho damals zu Dori gesagt, als die Freunde 2009/2010 beschlossen, nicht mehr nur zusammen Musik zu hören, sondern eine Band zu gründen. Nach wechselnden Konstellationen haben sie sich Bert und Kata mit ins Boot geholt und in dieser Besetzung auch „Muddy Blue Butter Skies“ eingespielt.
Wer vorher vorher schon mal wissen will, was ihn erwartet, schaut sich den Release Facebook Live Stream aus dem Berliner Club Marie Antoinette an und wird feststellen: Die Mumbles sind nicht normal, und das im allerbesten Sinne.
Durch das Selbstverständnis und die Bühnenpräsenz jedes Einzelnen und/oder die perfekte Harmonie untereinander verschwimmen Geschlechterrollen, Coolness, Nerdigkeit, (Selbst-) Liebe und eine große Portion Punk (at heart) einfach ineinander und unterwerfen sich der Musik, die aus jedem einzelnen Bandmitglied nur so herauszuströmen scheint. (Dabei spielt jeder alles, und mit „alles“ ist dabei eine Blockflöte oder Kochtöpfe genauso selbstverständlich gemeint wie ein Schlagzeug.)
Das Tape beginnt direkt mit einer Ansage in „Rock the Gutter, Butterfly“: „We are talented people, living in the gutter, I’m a talented bastard, a fucking butterfly…“ Schrägschön wird unmissverständlich klargestellt, dass Musik einfach raus muss, egal wie – und genau das ist auf jedem einzelnen Song auf dem Tape spürbar. Mit „Heroine“ folgt dann auch gleich ein Song mit absolutem Hit-Potential (bei Kitchen Leg Records als Single Tape mit 3 Remixes + Karaoke Version erhältlich).
Atmosphärisch einlullen lassen kann man sich dann in den Pelz von „Dim Dim Dim“, der auf eigenartige Weise berührend und verstörend zugleich ist – Gitarren, Glockenspiel, schrille Flöte, bittersüße Stimmharmonien schaffen ein siebeneinhalbminütiges schaurig-schönes Ambiente. „Holy Shit“ wird erzählend und eher unaufgeregt vorgetragen, aber spätestens hier wird die Aufmerksamkeit auf die malerischen Texte der Mumbles gelenkt – ein Mix aus Poesie und Punk, immer direkt, immer gnadenlos, immer ehrlich. „Slow Show“ wird ein abgefahrener Trip mit allem, was das Mumblesurium an Instrumenten, Wörtern und (Stimm-)farben so zu bieten hat. „In Stars“ vereint wunderschöne Melodien mit den bei der Band so gern genutzten Style- und Tempi-Wechsel, die aber niemals die Magie der Songs zerstören, sondern viel mehr das ausdrücken, was die Mumbles im Gesamtbild verkörpern: Gelassenheit und Harmonie werden durch Vieles erreicht, nur nicht durch Perfektionismus – eher durch die vielen Ecken und Kanten, die kleinen Fehler und großen Gefühle, aber vor allem durch Diversität. Beendet wird diese herrliche Reise durch „Always Blue Skies“, ein wunderschön zartes Duett von Dori und Krisho.
Die Mumbles catchen mich vom ersten Augenblick an – und das hat nicht nur mit ihrer Musik zu tun, sondern vielmehr mit ihrer Message nach Freiheit, sich auszuleben und der Lässigkeit, mit der sie die vermitteln. Ich bleibe dabei – an dieser Band ist einfach nichts gewöhnlich, und das ist gut so. Also ich bin verliebt.
Zu kaufen gibt’s das Tape bei Kitchen Leg Records .
no images were found