Die größte Schwierigkeit an dieser Review bestand für mich in der Festlegung des Genres. Wer Cash Savage and the Last Drinks kennt, weiß, dass sich dieser Sound schlecht in eine Schublade stecken lässt. Man hört Indie- und Postrock, aber auch in feinen Zügen Emo-Rock-Elemente, ebenso in feinen Spuren Punkiges, alles vermischt in einem einzigartigen, eigenen, neu definierten Klang. So erschien mir Indie doch das, was es am Ehesten trifft.
Die 2009 gegründete australische Band um die Sängerin Cash Savage veröffentlichte im November 2020 beim Label Glitterhouse ihr neustes Album Live at Hammer Hall. Ein Live-Album inmitten einer weltweiten Pandemie, von der auch Australien nicht unberührt blieb und bleibt, aufzunehmen und zu veröffentlichen klingt verrückt. Was dabei entstanden ist, ist in jedem Fall besonders. Kein Publikum und kein Applaus zu hören. Keine Unterbrechungen durch Applaus und Ansagen. Vielmehr gehen Ansagen und Songs ineinander über, Song fließt in Song. Dennoch verkommt es nicht zu einer einheitlichen breiigen Masse. Wie sie es schaffen, dass alles eins wird und dennoch jedes Lied sich selber treu bleibt, für sich selbst steht – ich weiß es nicht. Ich habe diese Frage auch schnell verworfen. Egal. Es gelingt.
Aufgenommen wurde das Cash Savage and the Last Drinks-Album zu Beginn der zweiten Corona-Welle in Australien. Das Wissen, dass steigende Infektionszahlen nun mal auch entsprechende Maßnahmen mit sich bringen und diese wiederum in uns oder den meisten von uns eine Unsicherheit, Genervtheit, ob der dadurch resultierenden Distanz erzeugt, projiziert sich auf die Musik und wird von ihr aufgenommen, die Distanz überwunden und eine Live-Atmosphäre im eigenen Wohnzimmer erzeugt, auf eine echte und nahbare Art. Anders als es zahlreiche Streaming-Konzerte zuvor versucht haben. Mehr als die bloßen Töne bringt die Plattennadel Wut, Emotionen und die laute Ruhe im Inneren zum Schwingen.
Die Trackliste ist wenig überraschend. Beginnend mit „Falling, Landing“ aus dem 2017 erschienenem Album One of Us. So startet Live at Hammer Hall direkt mit schwerem Gepäck und widmet sich dem Dunklen, den dunkeln Seiten in uns und tut dies mit erstaunlicher Leichtigkeit. Das Dunkle in uns, die laute Ruhe des eigenen Herzschlages bleibt Thema und wird durch das außergewöhnliche Setting nochmals unterstrichen – „Rat-a-tat-tat“.
Wenn auch einen Hauch ruhiger, bleibt die B-Seite thematisch aktuell. Politik, Klimawandel und die Buschbrände im vergangenen Jahr bieten die Grundlage für „Fun in the Sun“. Die Ambivalenz zwischen Endzeitstimmung und “living in the moment”, Mikro und Makrokosmos.
Dem letzten Song der Platte „Pack Animals“ steht diese wilde Mischung aus Zärtlichkeit und Wut, die dieses Album prägen, besonders gut. Das leidige und enervierende Mansplaining, welches hier behandelt wird, findet durch den Sound einen besonderen Ausdruck. Wer die Hybris hat Frontfrau Cash Savage zu erklären wie Musik funktioniert, lege sich gehackt, dies zeigen sie und ihre Band, einmal mehr mit diesem unglaublichen Live-Album, veröffentlicht bei Glitterhouse Records.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |