Das war damals schon ziemlich spooky. Ich als unbescholtenes Landei plötzlich auf dem Gymnasium und dort dann überall diese langhaarigen Oberstufler mit ihren Skateboards unter dem Arm und den durchgestrichenen Kruzifixen auf ihren Shirts. Der anfängliche Schock wich aber schnell Neugier und Faszination, schließlich stand auch die Jugend und damit das Aufbegehren vor der Tür. Und so musste ich dann, nicht ganz ohne Verwunderung feststellen, dass die Musik hinter dem gotteslästerlichen Emblem total catchy war und mir ganz gut gefiel. So tolle Melodien machen diese Bad Religion also.
Der Einstiegsdroge um Greg Graffin und seinen Mannen folgten schnell weitere Bands der gleichen Couleur. Einen Sonderstatus nahmen dabei, die aus dem schwedischen Skinnskatteberg stammenden, No Fun At All ein. Mit nur einem Song avancierten sie direkt zu Helden. “Catch Me Running Round” vom ’97er-Album “The Big Knockover” schlug ein wie eine Bombe und fortan verlief keine unserer jugendlichen Gymnasiastenpunkparties am Wochenende mehr ohne diesen Song. Erste Suff- und Kiffversuche und dann Pogo zu diesem Smasher. Mann war das geil!
Satte 25 Jahre später habe ich das mit dem THC-Konsum schon 20 Jahre hinter mir und Trinken geht mittlerweile auch ohne dass es zur Mutprobe stilisiert werden muss. No Fun At All sind dagegen immer noch da. Oder wieder. Oder immer noch wieder. Und auch wenn man ihnen mittlerweile das Alter anhand des Fotos im Inlay ansieht (sorry Jungs, ist doch aber ganz normal): “Seventh Wave” kicks ass! Ich bin echt hin und weg und hätte ein solches Feuerwerk ehrlich gesagt nicht mehr von ihnen erwartet. Klar, hier kommt auch zusammen, was zusammen gehört. Matthias Färm von Millencolin als verantwortlicher Produzent ist schließlich auch schon lang genug mit dabei, um zu wissen an welchen Reglern er drehen muss. Und No Fun At All machen einfach, was sie schon immer gemacht haben. Abgesehen vom minimal an Mike Ness’ countrylastige Soloalben erinnernden “Everything’s Gonna Be Alright” ist das hier lupenreiner Melodycore.
“Seventh Wave” ist in der Tat der hörbare Beweis dafür, warum diese Musik unter anderem diese Genrebeschreibung trägt. Glasklare und ultraeingängige Bassläufe, ein Rasiermesserscharfes Drumming, geradezu singende Gitarren und der Sänger selber, tja wer die Band kennt, weiß, dass Ingemar Jansson schon immer der noch bessere Greg Graffin war. Melodie jagt Melodie, ohne dass sich wer besonders in den Vordergrund drängen will. Das Ergebnis sind zwölf Songs, die man allesamt und ohne rot zu werden als Hits bezeichnen kann. Unisono haben No Fun At All damit ihren Heldenstatus von damals gleich zwölffach untermauert. Für mich auf jeden Fall das beste Album in der seit geraumer Zeit stattfindenden Renaissance des Skatepunks. Ohne Flachs jetzt und auch obwohl die alte Garde durchaus ernstzunehmende Konkurrenz – auch von hierzulande (z.B. Heathcliff oder Bike Age) – bekommen hat.
Wo früher in einer schier unanfechtbaren Selbstverständlichkeit das Logo des schwedischen Labelplatzhirsches Burning Heart prangte, steht heute in fast schon ebenso gefestigter Selbstverständlichkeit das Emblem von SBÄM Records aus dem österreichischen Linz. Das Label hat sich in den letzten Jahren zum unverzichtbaren Aushängeschild für eben diese Musik gemausert, die manche schon für tot erklärt haben. Dank Alben wie “Seventh Wave” kann man diese Kritiker*Innen jedoch eindeutig in die Schranken weißen, denn lebendiger hat ein totgesagtes Genre auch zu seinen Hochzeiten nicht geklungen. Beide Daumen hoch für No Fun At All und auf diesem Niveau hoffe ich auf noch viel mehr Output vom immer noch quicklebendigen Punkrock-Quintett.
Die Platte gibt es in diversen, teilweise limitierten Farbgebungen. In diesem Fall standardmäßigen Silber z.B. auch bei JPC. No Fun At All reinhauen und abgehen!