Der Terminus “Blabla haben die Lockdown-Zeiten genutzt, um…” sollte eigentlich seinen eigenen Platz im Duden erhalten. Definition müsste dann sinngemäß in etwa so lauten: “Beschissene Zeit ruft ungeahntes künstlerisches Potenzial hervor”. Nur mal so als Vorschlag und jedenfalls würde das dann auch auf drei junge Herren aus St. Pölten zutreffen. Salami Recorder an Gesang und Gitarre, Mots T. Sux (auch bekannt durch sein Mitwirken bei Skeptic Eleptic, Demenzia Kolektiva und The Zsa Zsa Gabor’s) am Bass und Thoms’n’Roll (auch Skeptic Eleptic und Demenzia Kolektiva sowie Anstalt) an den Drums wollten es zu jener unsäglichen Zeit jedenfalls zusammen unter dem Namen Salami Sux wissen. Und da sie schon mal dran waren, haben sie gleich zum Doppelschlag ausgeholt. Neben dem 15 Tracks umfassenden, selbstbetitelten Debüt haben sie zusätzlich noch das Zweitwerk “Salami Sux’n’Roll Vol. 1” mit gar 16 Tracks an Bord vom Stapel gelassen. Beide Scheiben liegen dem damit glücklichen Riedinger nun zum Rezensieren vor. Fangen wir also am besten ganz vorne an.
Zwischen Reiz und den Ramones, zwischen den Monsters und den Montesas norden sich Salami Sux mit gekonntem Dilettantismus in der Welt des Rock’n’Roll ein. Ja, richtig gelesen. Da steht “gekonnt” und “Dilettantismus” unmittelbar beisammen. Widerspruch in sich? Nee, geht schon! Salami Sux liefern mit wunderbar federverhallten Gitarrenklängen und mindestens genauso verhallten Gesängen astrein trashigen Garagenpunk mit Surfanleihen ab – und das in guter Qualität. Nebenbei trotzdem dilettantisch zu klingen muss so sein. Kenner*Innen der Materie wissen nun bestimmt, wovon ich spreche, ohne dass ich es umständlich erklären muss. Allen anderen sei so viel gesagt: diese Art von Musik ist erst dann richtig gut, wenn sie auch schrottig klingt. Comprende?
Pioniere der verzerrten Gitarre wie Link Wray oder die Kinks lassen freudig grüßen. The Ventures und The Shadows spielen die Patenopis für den surfigen Anteil des Sounds. Salami Sux themselves übergießen das Baby mit dem nötigen Punkspirit und dann ist das eben, ja, gekonnt und dilettantisch zugleich halt. Vorwerfen lassen müssen sich Salami Sux dann maximal eines. Das zwingende Highlight auf der Platte, das fehlt. Die 15 Nummern gehen zwar runter wie Öl. Das Öl in seiner Schmierfunktion sorgt allerdings auch dafür, dass nichts so wirklich nachhaltig hängen bleibt. Salami Sux würde ich mir deshalb liebend gerne live geben. Bei einem solchen Ereignis vermehrter auftretende und in ihrer Eigenschaft eher klebrige Flüssigkeiten wie Bier und Schweiß könnten u.U. dafür Sorge tragen, dass die Band langfristiger haften bleibt. Andererseits liegt relativ nahe, dass Salami Sux gar nicht erst vor haben, uns mit Hits zu überfluten. Spaß an der Sache und Punk sein liegt dagegen eher in der Natur der Band. Beide Attribute erheben kein Anrecht auf Nachhaltigkeit, sondern verbreiten ihre Faszination doch vielmehr im Moment des Seins. Also: gönnt euch 15 spaßige, punkige, gekonnte, aber auch dilettantische Momente und legt euch das Debüt von Salami Sux zu.
Dieses erschien übrigens zunächst auf streng limitiertem (99 Stück) Tape in DIY-Manier, bevor Topsy-Turvy Records (ein Sublabel von Soundflat Records) beschlossen haben, das Ganze auf das nächste Level zu hieven. Auf 300 Stück und in grellem Gelb liegt somit ein Vinyl vor, welches gegenüber der Tape-Version sogar um zwei Songs aufgestockt wurde. Vorne drauf der Hundi, hinten drauf die Band, fertig ist der Lack! Schaut z.B. mal hier danach: