Jeder hat doch in seinem Leben diese LPs, die er seit Ewigkeiten immer wieder hört, die nie irgendwie in Zweifel geraten sind und über alle Anderen gestellt sind. Zu vielen solcher Platten gibt es Geschichten, die man damit verbindet. Sei es die erste eines Genres, die man selbst erworben hat, sei es ein spezielles Konzert in Zusammenhang mit der LP oder auch nur ein spezielles Lied, welches die Scheibe zu einer Herzensangelegenheit macht.
In dieser Reihe wollen wir euch solche Geschichten erzählen. Vielleicht habt auch ihr die ein oder andere Geschichte zu einer dieser Platten, die ihr euch dazu in Erinnerung rufen könnt. Vielleicht lernt ihr aber auch gute Alben oder Singles kennen, die bisher an euch vorbei gegangen sind. Es geht hier nicht darum, dass „Master of Puppets“, „Killer Queen“ oder „Never mind the bollocks“ Evergreens ihrer jeweiligen Abteilung sind. Hier geht es nur um die persönliche Historie und deren musikalischer Begleitung.
Folge Eins: Tobis Platten
Hi Leute, Tobi hier. Als Kind der Achtziger bin ich vornehmlich mit Mixtapes groß geworden, die ich aus dem Radio aufgenommen hatte. Bonnie Tyler („Holding out for a hero“) war ganz groß. Aber als ich meine ersten Originaltapes bekam (Guns ´n Roses, Iron Maiden und Queen) und meine musikalische Leidenschaft so richtig entfacht wurde, bekamen die LPs vom Papa ganz große Aufmerksamkeit. Es dauerte auch nicht lange, bis ich meine erste eigene Schallplatte gekauft hatte – Alice Cooper´s „Hey Stoopid“. Leider ging die irgendwann verloren. Die ersten LPs, die wirklich auch noch heute Relevanz für mich haben sind diese hier:
„Debil“ von Die Ärzte war eine der ersten Platten, die ich natürlich damals auf Tape hatte. Aber egal, das zählt. Schließlich war die LP geliehen und ich hab sie eigenhändig überspielt. Und heute noch ist sie für mich ein Meilenstein der deutschen Musikgeschichte und aus dieser in keinster Weise wegzudenken. Als dann mal ein Freund vorbeikam, um mir „Alte Frau“ vorzuspielen, wusste ich gleich, der Wizo wird auch ein treuer Weggefährte werden. „Bleib Tapfer“ und „Für´n Arsch“ sollten sich in meine Sammlung fügen und nie wieder verschwinden. Die Neunziger waren überhaupt auch allgemein recht gut zu mir. Green Day, The Offspring, Nofx oder auch Millencolin. Große Alben von Großen Bands. Ich weiß noch sehr gut, als ich im lokalen Musikladen stand – 1994 – und Geld für eine neue Scheibe gespart hatte. In der einen Hand „Dookie“ von Green Day und in der anderen Hand „Melodien für Melonen“ von Die Doofen. Die Entscheidung fiel auf Green Day und ich bereue nichts. Nur einen Haken hatte die ganze Sache: Die CD war da aktuell und damit auch der Discman, der natürlich wesentliche Vorteile hatte, wenn man als Teenie zum Skaten ging. Also waren die Neunziger eine vinylarme Zeit für mich. Und das sollte auch bis zur Jahrtausendwende nicht besser werden. Dennoch will ich auch hier ein paar LPs erwähnen, die aus dieser Zeit stammen und vielleicht nicht so bekannt sind, wie sie es meiner Ansicht nach sein sollten. Also präsentiere ich euch hier meine Top Ten außerhalb der altbekannten Scheiben von 1982 bis 1999.
Platz 10) Gorilla Biscuits – Start Today (1989): Gerade noch in diese Liste geschafft hat es dieser OldSchool – HC Klassiker, der einfach so viel Style hat und auch heute noch eine geile Platte ist. Darf eigentlich in keiner guten Sammlung fehlen. Ich bin drauf gestoßen, als Napster zum ersten Mal online ging und ich alles runtergeladen habe, was es gab. Da blieben einige hängen. Auch Gorilla Biscuits.
Platz 9) Toxic Walls – Ihr seid nicht frei, ihr glaubt nur dran (1998): Eine sehr prägende LP für mich. Die schnellen aber melodischen Songs mit den politischen und sozialkritischen Texten haben mich damals schon gefesselt und tun das auch heute noch. Deutschpunk auf sehr hohem Niveau. Ich liebe dieses Album.
Platz 8) Undeclineable Ambuscade – One for the Money (1998): Eine Band, die noch mehr nach Neunziger Skatepunk nicht klingen kann. Die Zeiten, in denen Epitaph noch ein richtig gutes Label war, in denen man sich freute, eine Punk-o-Rama nach der anderen zu hören. Leider sind die Holländer immer sehr weit unter dem Radar geschwommen.
Platz 7) Muff Potter – Schrei wenn du brennst (1997): Eine neue Art deutscher Punkmusik war das für mich. Kein Parolengedresche in hohem Tempo, sondern teils kryptisch verbastelte Texte, die zu näherem Hinsehen und Hinhören eingeladen haben. Heute keine Unbekannten mehr, aber damals noch Vorband von Terrorgruppe oder so. Ich hab Muff Potter erstmals in Töging im Silo gesehen, eben also Vorband zu Terrorgruppe und habe mich verliebt. Und diese Liebe hält immer noch.
Platz 6) Terrorgruppe – Musik für Arschlöcher (1995): Sie sollten einen steilen Anstieg in Sachen Bekanntheit hinlegen, was ihrer Musik nicht gut getan hatte. Ein Meilenstein des Deutschpunk, auf jeden Fall. Aber was die Terrorgruppe dann in Richtung neues Jahrtausend fabriziert hatte, war leider nicht mehr das Gelbe vom Ei. Auf der Vans Warped Tour in Inzell trat Archie mit einer Hitlermaske auf die Bühne (glaube 1999) und das blieb auch hängen. Für mich unvergesslich, so provokant und einfach geschmacklos, aber trotzdem genial.
Platz 5) …But Alive – Nicht zynisch werden (1995): Ja, es werden sich wahrscheinlich einige fragen, warum es ausgerechnet dieses Album in meine Liste geschafft hat. „Für uns nicht“ ist doch viel besser?! Nö, das hier ist für mich DAS …But Alive – Album schlechthin. Fragt mich nicht warum, es ist einfach so. Ich hab sie leider nie live erlebt aber verbinde viele schöne Erinnerungen mit dieser Band.
Platz 4) 88 Fingers Louie – Behins Bars (1995): Das dritte Album von 1995 in Serie. Das ist zwar Zufall, zeigt aber auch auf, dass Mitte der Neunziger einfach die Luft am Besten war und somit auch wahnsinnig viel geniale Musik erschienen ist. Die Skatepunkband aus Chicago hat auf ihrem Debüt schon alles, was es braucht. Leider in der Öffentlichkeit auch immer im Schatten der „Großen“ des Genres. Aber in der Szene natürlich ein Dauerbrenner. In Traunstein, der Kreisstadt meinen Landkreises gab es damals einen kleinen Skateshop. Die erste CD (jaja), die ich mir dort gekauft hatte, war eben dieses Album. Gleichzeitig mit Chickenpox. Kennt die noch wer?
Platz 3) Rantanplan – Köpfer (1998): Das Nebenprojekt von Markus Wiebusch damals. Die zweite Platte ist das Beste, was Rantanplan jemals gemacht haben. Unerreichbar für meinen Geschmack, denn der Skapunk, der hier serviert wird, ist perfekt. Läuft immer noch regelmäßig im Auto und in der Wohnung. Außerdem auch mehrfach gesehen. Damals kostete so ein Konzert 15 Mark. Scheiße, bin ich alt.
Platz 2) Knochenfabrik – Ameisenstaat (1997): Auch das Debutalbum der Kölner Knochenfabrik ist immer noch regelmäßig auf dem Plattenteller. 23 recht kurze Songs, eine sich gerne mal überschlagende Stimme von Claus Lüer und Texte von plump über lustig bis hin zu gebildeter Sozialkritik. Knochenfabrik haben alles in diesem Album vereint und ich würde nicht einen Ton oder eine Silbe daran ändern wollen. gekauft im WOM in München für ca. 30 Mark. Und jeder Pfennig war´s wert.
Platz 1) Slime – Schweineherbst (1994): Eine der wichtigsten Punkbands, die es in Deutschland jemals gab, gibt oder geben wird. Ich bin zwar der Meinung, dass es alles nach dieser Platte nicht gebraucht hätte, aber naja, was solls. Slime haben von Anfang an meinen Nerv getroffen. „Alle gegen Alle“, „Viva la muerte“ oder „Yankees raus“ sind alles überragende Alben. Aber was ihnen mit „Schweineherbst“ geglückt ist, ist für mich nicht zu toppen. Dieses Album wird immer dabei sein, wenn es heißt: Welche drei Platten würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Klar, es fehlen jetzt in dieser Liste viele grandiose Scheiben. Bad Religion, Satanic Surfers, Pennywise, Die Toten Hosen, Sick of it all und so weiter. Aber ich wollte heute mal bewusst das Augenmerk auf die etwas anderen Bands und Platten lenken, die vielleicht nicht jeder kennt oder schon tausende Male gehört hat.
Ich hoffe, ihr konntet etwas Neues entdecken oder zumindest ein wenig in Nostalgie schwelgen. Zum Abschluss will ich aber noch erwähnen, dass meine Lieblingsplatten von den bekannten Bands aus den Neunzigern noch genauso wichtig sind. Aber das ist eine andere Liste und die kommt irgendwann an einem anderen Tag vielleicht. Euer Tobi
Wenn euch das hier gefallen hat, lasst doch nen Kommentar da, diskutiert mit uns, erzählt uns, was eure Lieblingsplatte ist oder gebt uns Tipps, was wir uns unbedingt anhören sollten.