Scharping haben ihre Homebase in Berlin, teilweise zugezogen aus Stuttgart. Sind das also diese sogenannten Hipster-Schwaben, die Berlin gentrifizieren? Bestimmt. Vielleicht. Egal. Denn Scharping machen mit und auf ihrem Album „Unser Charping“ eigentlich alles richtig.
Es fängt an mit ihrem bescheuerten Namen, der natürlich neugierig macht: Wer, wie, was steckt hinter der Fassade des lüsternen Ex-Verteidigungsminister, dem u.a. ein Mallorca Urlaub zur falschen Zeit den Job kostete? Übrigens ein schönes Bespiel für „History repeating“, denn auch 20 Jahre später werden Urlaube auf der beliebten Balearen Insel wieder zum Auslöser für politische Rücktritte. Sollten viel mehr Politiker*innen sich mal wieder eine Auszeit auf Malle gönnen, hätte da so einige im Hinterkopf, denen ein Rücktritt guttäte. Aber ich schweife ab.
Auch mit der Wahl ihres Labels liegen die Herren richtig, denn mit Glitterhouse Records haben sie ein wunderbares Independent Label für ihr Debüt Album am Start. Wirklich wundern tut diese Wahl nicht, denn auch die PostNoisePunker von Die Nerven veröffentlichen ihre Sachen dort und mit dieser Band gibt es personelle Überschneidungen.
Generell hört mensch der Band an, dass hier Leute am Werk sind, die ihre Erfahrungen in den unterschiedlichsten Genres gesammelt haben. So ist das große Ganze schon Indierock was hier von der Platte schallt, aber dazwischen gibt es so viele Facetten, die hier Erwähnung finden sollten. So ist immer wieder ein extrem funky Bass zu hören, der uns Basslines in die Ohren pumpt, die einem das Ohrenschmalz butterweich werden lassen. Dann wieder erklingen Gitarren, die ihre besten Jahren in der Hamburger Schule verbracht haben, aber auch Lieder, die nur paar Sekunden dauern oder an frühen Hip Hop erinnern. Sogar mittelalterlicher Minnesang findet hier ein modernes Gewand, ohne dass es klingt wie Mittelalter-Rock von stark behaarten Ork-Verschnitten.
Mit Songtiteln wie “Lars Eidinger hat keine Freunde (nur Bekannte)”, “Die Dinosaurier, bitte!” oder “I smoke me fat” haben die vier Herren natürlich bei mir direkt einen Stein im Brett und auch textlich kann diese Album mit einigen schönen Zeilen aufwarten. Kritisch, witzig, durchdacht und banal, da wird alles geboten.
Trotz dieser vielen Dinge, die die Band richtig macht, so richtig zündet das Album bei mir trotzdem nicht. Diese vielen verschiedenen Einflüsse sind mir persönlich einen Tacken zu viel. Ich mag zwar die einzelnen Lieder, aber ich vermisse DEN typischen Scharping Sound, das Erkennungsmerkmal, das diese Band ausmacht, das dieser Platte ihren Stempel aufdrückt.
Aber Menschen, die nicht so simple gestrickt sind wie ich und auch verschiedenen Tönen gegenüber aufgeschlossener sind, macht diese Album bestimmt sehr viel Freude. Probiert einfach mal aus.
Gepresst auf schönem türkis-farbenem Vinyl, aber auch ganz klassisch in schwarz erhältlich. Zum Beispiel hier.