Shitney Beers – schon der Name ist ja so genial, dass ich laut „Ja hier, will ich, mach ich, nehm ich” schreie, während ich zum Kühlschrank laufe, in die Leere Blicke und zu meiner großen Freude doch noch ein Hopfen-Kaltgetränk finde. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich dies nicht etwa während einer Redaktions-Videokonferenz tat, sondern alleine in meiner Küche, wo keine:r meine:r Kolleg:innen meine Freude vernehmen konnte und lediglich der Kühlschrank stumme:r Zuhörer:in war. Vielleicht sollte ich euch diese Information aber auch besser vorenthalten. Nun ja, zu spät. Bis dato hatte ich noch in keine der vier in Eigeninitiative hochgeladenen EP’s von Shitney Beers reingehört, aber das konnte nur gut sein, dachte ich. Und ich sollte recht behalten! Was das doch manchmal für ein schönes Gefühl ist. Also auf gehts, ab gehts, „Welcome to Miami“ heißt das neue Album von Shitney Beers und erscheint exakt heute auf Zeitstrafe.
Hinter Shitney Beers steckt Maxi Haug, Halbkanadierin und im schönsten Mannheim wohnhaft, und veröffentlicht seit 2018 Musik und spielt Konzerte. Mannheim klingt ja jetzt nicht nach ‘ner fancy Stadt, um Musik zu machen. Dafür muss Mensch nach Berlin ziehen, oder wenigstens nach Hamburg, oder Köln. Denkste. Denkste falsch. Diesen ganzen Hipster-Scheiß braucht es nämlich nicht, ne Gitarre ist da völlig ausreichend und Texte, na gut, Texte braucht es auch. Und Texte gibt es. Übers sein, übers Suchen, übers „Wer bin ich und wo will ich hin“, sowohl persönlich, als auch gesellschaftlich. Hier wird der Blick auf die noch und nöcher und immer noch nicht genug angesprochenen strukturellen Problemen von FLINTA* angesprochen. (Reminder: FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Intersexuelle Menschen, Non-binäre Menschen, Transgender, Agender – Menschen ohne Geschlecht.) Wer jetzt daher kommt und sagt: ach so, dass ist so nen Mädchen-Album“, der hat’s nicht kapiert, bei dem ist Hopfen und Malz verloren, freue mich aber, wenn ich mit letzterer Aussage falsch liege.
Der liebliche, beschwingte Gitarrenklang bringt also wichtige, tiefgründige und durchdachte Texte mit sich und irgendwie schafft Shitney Beers es, dass diese weder resigniert wirken, noch herausgebrüllte Wut ist, sondern eher ein „It’s what it is“! Nichts glamouröses ist an dieser Platte, sondern ein Abbild der nicht immer schönen Normalität, was immer das auch ist, mit einer feinen Komik, die in Zeilen wie „In Dog-Shit-City“ zum Ausdruck kommt, der ersten Zeile von „Lucy“. Aber auch „Modern Love“ stellt unser irgendwie etwas verkorkstes, aber auch völlig okayes Leben mit einer positiven Melancholie dar.
„Keys“, die zweite Singleauskopplung des Albums, beschreibt eine Tatsache, die weniger, also eigentlich gar nicht okay ist. Der Tatsache, dass FLINTA* auch 2021 immer noch auf dem nächtlichen Heimweg einen Schlüssel einsatzbereit in der Faust haben, mit dem Handy Fake-Anrufe mit ihrem (Fake-) Freund führen, die Straßenseite wechseln, wenn männlich gelesene Personen ihnen entgegen kommen und und und, nur um ein kleines, flüchtiges Gefühl der Sicherheit zu haben. Hierzu findet ihr auf dem Einleger, nebst Texten, auch einen wichtigen Reminder: Nicht wegsehen, sondern Helfen und Hilfe ist auch schon ein Griff nach dem Telefon und Anruf nach Hilfe…. Hat Shitney Beers natürlich irgendwie schöner und auf englisch formuliert und noch mehr hinzugefügt. Was genau? Tja, kauft euch halt die Platte.
Mit so viel Selbstbewusstsein wird auf „Welcome to Miami“ die Unsicherheit und das Nicht-Wissen, wie und wo man sich selbst zu verorten hat, aber auch gesellschaftliche Problematiken besungen. Das ist eine wahre Freude.
Wollt ihr noch zwei Worte zum Artwork? Na gut. Das Cover ziert ein Foto von Shitney Beers, wahnsinnig cute. Dazu, der Message entsprechend 27 Regenbögen, auf Hellblau. (Nein, ich hab sie nicht nachgezählt. Na gut jetzt doch, es sind tatsächlich 31! Keine Ahnung, ob die Zahl bedeutsam ist.) Da drin schwarzes Vinyl, ganz ohne Glamour und Schnickschnack. Kommt, wie schon gesagt am 23.07.2021 via Zeitstrafe raus und ist erhältlich, da wo es gute Musik gibt. Seht mal zu, dass die Platte auf eurem Teller landet.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |