Eine Rockband aus Hamburg? Ganz mein Thema, bin ich doch glaube ich der einzige Schreiberling beim Keks, der über der Elbe wohnt. Bei Swutscher handelt es sich um Sascha Utech, Velvet Bein, Mike Krumhorn, Sebastian Genzink und Martin Herberg, die mit ihrem selbstbetitelten Album Ende Februar auf dem feinen Label La Pochette Surprise Records ihr Zweitwerk veröffentlicht haben.
Und was für eins!
Im Gegensatz zu anderen Oden an die Heimat rumpelt „Daheim“ gleich mal so richtig los und gibt die Richtung vor. Wobei es diese eine Richtung auf dem Album eigentlich gar nicht gibt, denn es sind dermaßen viele musikalische Einflüsse, das der/die Hörer*in nach dem ersten Durchgang eigentlich sofort den zweiten starten muss, um alle zu erfassen.
Swutscher ist platt und bedeutet so viel wie „liederlich lebender Mensch“. Das zumindest sagte die Oma von Frontsänger Sascha, als dieser einen Namen für seine One-Man-Band suchte. Er feiere doch immer so wild. Der Grundstein der Band Swutscher war damit gelegt.
Heute sind Swutscher „ein Projekt für schwererziehbare Musiker über 30“. „Wir klingen immer noch nach Swutscher“, sagte Utech der Hamburger Morgenpost. „Aber uns ist es Wurst, in welche Richtung das geht, solange wir mit dem Ergebnis zufrieden sind.“
Der Song „Tabak“ ist beispielsweise orgelgetränkter Garagenrock, später folgt lässiger Postpunk. Und manchmal geht´s sogar in Richtung Chanson. Aber eben nicht dem von Roland Kaiser, sondern dem Schlager im ehrfürchtigen Gewand der 50er und 60er Jahre.
Ein Highlight ist „Palm Royal“, ein in ein Country-Gewand gehülltes „El Cativo“ für Erwachsene.
In einer kleinen Stadt
Machte ich vor kurzem Rast
Die Kehle vom Bubble Gum so trocken
Oh der Preis er war verlockend
Die Dame des Hauses bot mir an
Ein Gesöff was ich noch nicht kann
So leicht und doch so stark
Nach zwei Gläsern lag ich da
In ihrem Arm
Dieses Album macht vor allem deshalb so viel Spaß, weil es so unglaublich vielseitig ist. Im Grunde bleibt alles Pub Rock, aber mal rotzig und rumpelnd, mal etwas ruhiger. Irgendwie aus der Zeit gefallen, aber trotzdem progressiv. Wie kommt man bloß auf einen Song wie „Mystische Nächte“? Keine Ahnung, ob ich als Hörer gerade tatsächlich im Orient weile oder doch nur beim Tanztee im Cafe Florida an der Grömitzer Strandpromenade, wo der Typ alle Instrumente gleichzeitig spielt – in dem er auf einen Knopf seines Keyboards drückt.
Aber noch bevor ich diese Frage für mich beantwortet habe, werde ich in „Rocker“ zurück an die Bar geschubst, trinke Bier – viel Bier – und lasse mich mit lauter Musik einfach mal wieder volllaufen. Das wunderschöne Stück „Bodo“, welches schon auf der EP „Wahnwitz“ von 2016 zu hören war, bringt den Puls wieder auf Normalniveau
Saxophon, Akkordeon, Honky-Tonk-Piano, Slidegitarren, Schrubbelgitarren: Auf „Swutscher“ von Swutscher ist alles genau am richtigen Platz und komplementiert damit das Standardsetting und die kratzig-geile Stimme.
Unbedingt reinhören, kaufen (clear green, white oder black – alle, noch, bei jpc zu haben) und die Band live erleben! Und ich gehe jetzt auf den Swutsch.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |