Das Gesamtwerk der The Piranhas aus Brighton ist übersichtlich, zwei Alben und acht Singles und EPs. Ihre Flamme brannte zwischen 1977 und 1981 (offizielle Zeit der Band) am hellsten und musikalisch sind The Piranhas auch schnell einsortiert. Ihr Sound, geprägt aus Punk und Ska, mit Einschlägen aus dem New Wave, Reggae und dem 2Tone-Neo-Mod-Umfeld sind stilistisch prägend. Dazu kommt ein mit ausgeprägtem Akzent ausgestatteter Sänger, den man ohne weiters nach Schottland verorten könnte.
Die ersten Töne wecken Erinnerungen an diese wahnsinnig musikalisch intensive Zeit um 1980, wo es gerade in London nur so brodelte. Am meisten musikalische Überschneidungen höre ich bei den The Piranhas zu den fantastischen The Jam raus. Aber es gibt auch eindeutige Parallelen zur Band The Beat. Schöne klirrende Gitarren, nervöser, schneller Beat, wummernde Bassloops, das plärrende Saxofon und dieser unüberhörbare Gesang machen das Album zu einem echten ear-catcher.
Eröffnet werden die Spiele mit „Boyfriend“ – von der ersten Gitarrenlinie an, ist der Song ein echter Volltreffer! Diki-diki-diki-diki-diki – Gitarrensound ist wirklich mind-blasting. Dazu das Schlagzeug, was nicht nur den Beat betont, sondern auch mal den Sound auflockern darf. Dazu dieses Mörder-Sax -der pure Wahnsinn und auch heute noch hörbar und absolut tanzbar…
„Boyfriend“ ist in der Tat einer der Songs, die hängenbleiben und auch irgendwie das Template für die restlichen Sounds darstellt, der in den restlichen Songs mal immer wieder sehr kreativ variiert wird. „Love Game“ so ein soundverwandter Song – hat ähnliche Elemente, aber lustig wippende Bass-Loops und der interessant veränderte Beat machen den Song interessant.
Das Album ist mittlerweile ein zeitgenössisches Tondokument aus der Hochzeit von Punk, Ska, 2Tone und New Wave. Die Lyrics sind es wert gehört zu werden. Sie halten das Album zusammen und bilden die große Klammer. Zudem zeigen sie schön, was für Themen und Sorgen die Menschen in dieser Zeit bewegt haben.
Viele der Songs sind schnelle, rhythmische Stücke, die Spaß machen und auf die Tanzfläche locken: Das schon erwähnte „Boyfriend“, „Something“ und „Getting Beaten Up“ sind dafür exemplarisch. Manche sind bestimmt auch den Hörer:innen, vor allem älteren Semestern bekannt. Aber es gibt auch sehr schöne, weniger bekannte Songs, wie „Tension“ und „Pleasure“.
The Piranhas waren eine typische Single-Band, was zu der Zeit nicht unüblich war und brachten durchaus stilprägende Singles zu Gehör. Die Single „I don‘t want my Body“ erregte sogar die Aufmerksamkeit von John Peel. Aber da war es schon zu spät, es gab kein weiteres Album.
Der Song “Tom Hark” (Top Ten im Sommer 1908 in den Uk-Charts) ist nicht auf dem Album vertreten.
Charakteristisch für den Sound von The Piranhas war das permapräsente Saxofon. Es wurde nicht für Arrangements benutzt, sondern als echtes Instrument integriert. Diese Art der Musik geriet über die Jahre in Vergessenheit, aber hier kann man hören wie es geht. Man könnte meinen das Saxofon ist auf dem Floß im Video „Rio“ von Duran Duran aus der Musikgeschichte übers Meer verschwunden. Auch Spandau Ballet konnte den Untergang nicht mehr aufhalten. Einige sagen The Cures „A Night like This“ war der letzte gute Popsong mit Saxofon. Wie auch immer – auch heute erkennt man in den Popsongs viele kleine Details, die man durchaus als den Einfluss von The Piranhas interpretieren kann. Tolle stilprägende Band!
Fazit: wer in den Anfängen der 80er seine musikalischen Wurzeln hat, sollte hier bestellen. Anhänger des Ska oder Neo-Mods werden diese Platte schon besitzen oder schon bestellt haben. In jedem Fall ein Dank an Mad Butcher für die Veröffentlichung dieses Kleinodes.