“This Album is dedicated to everyone fighting for a dream and all people fighting against fascism around the world”
Eigentlich schreibe ich ja inzwischen gar keine Vinyl Reviews mehr. In erster Linie aus Zeitgründen, aber auch weil ich ein absolutes Tape Addict bin. Ich liebe und schätze an Tapes einfach den DIY Faktor, der mir bei Vinyl irgendwie fehlt. Vielleicht ist das jetzt nicht sonderlich schlau, das hier so unverblümt auf den Tisch zu knallen, schließlich heißen wir Vinyl-Keks und nicht Tape-Keks, aaaaber: Es gibt ja bekanntlich immer die Ausnahme (die in diesem Fall allerdings nicht die Regel bestätigt, sondern eben in meinen Augen zu den Besonderheiten zählt):
Es gibt diese kleinen, feinen Vinyl (+/- Tape)- Labels, die meistens noch so viel mehr machen, als einfach Platten zu vertreiben. Dazu gehört definitiv auch das spanisch/brasilianische Vinyllabel Sinistro Records. Politik, Kunst und vor Allem offene Arme und Ohren für Bands aus aller Welt vereint Marcio de Oliveira, Kopf des Labels, in Zusammenarbeit mit André Beck. auch auf seinem neuen Sampler Vol.2. Nach mehreren Anläufen (die Platte ging unterwegs auch schonmal verloren), hat sie mir der zuverlässige (HÜSTEL!) blau-weiße Paketservice in den Briefkastenschlitz gequetscht (noch ein Vorteil von Tapes, just sayin’). Dass ich sie trotzdem heile dort rausoperiert bekommen habe, liegt allerdings nicht an meiner Eselsgeduld, sondern an den formidablen Verpackungskünsten des Absenders (Danke dafür <3). Und ich muss schon sagen: Eine wahre, transparent-orangefarbene Schönheit halte ich endlich hier in meinen Händen, während sich das aus recyceltem Karton bestehende Cover eher unauffällig und unaufgeregt in erdigen Tönen zurückhält. Die Platten sind auf 300 St. (in unterschiedlichen Farben) limitiert und enthalten ein aufwändig gestaltetes Mini-Fanzine mit Infos, Bildern, Social Media Kontakten und teilweise Texten der Bands.
In meinem Päckchen lag außerdem noch ein DIN A3 Digitaldruckposter und ein DIN A4 Siebdruck in schwarzweiß (s.Bild unten und Galerie) bei. Und genau das sind eben diese Dinge, die einem Tonträger, jetzt mal ganz egal, in welche Form die Musik gepresst ist, das einhauchen, was mir zumindest mein bescheidenes Herzle erwärmt: Kreativität (und zwar den eigenen Händen entsprungen), den Wunsch die eigene Liebe zur Musik zu teilen und ein ernst gemeintes Interesse für die Mitmenschen und die Welt in der wir leben. Und wenn all das Hand in Hand mit Leidenschaft und Kampfesgeist geht, dann kommt ein Sampler wie dieser dabei raus. Vollgepackt mit Bands aus Brasilien, Deutschland und UK in einer wilden Mischung diverser Variationen meines Lieblingsgenres:
Auf Seite A finden sich Bands wie die 80er Hardcorepunker Varukers mit ihrem typischen, aggressiv dreckigen Sound (“Less Is More” & “Allegiance To None”) und die brasilianischen, extrem catchy, und rotzig angepissten Kaos 64 (“Boicote USA The Killer Of War”). Voz Ativa aus São Paulo bieten mit “Desse lado da cidade”, “Ataquem Agora” und “A noite é uma criança” schnörkellosen, schnellen Hardcore Punk der alten Schule. Straighte Drums und melodischer Bass treffen bei Rabo de Galo auf sarkastische, ernsthafte Texte (“A Mercê de Satan”, No fundo do meu copo”). Ebenfalls brasilianisch kritischen Punkrock steuern Sociapatas mit “Pesadelo de concreto” bei. Spanischen Street Punk vom Feinsten hauen uns State Alerta (“Seguimos con la purge“) um die Ohren und last but not least bereichern Sabrina und ihre Band Lügen mit “Flora” aus dem 2019 releasten Album “II” und Pisscharge mit “Crimes Perversos” den Sampler – so klingt geballte Wut!!!
Auf der B-Seite beschallen uns die UK Horrorpunk-Helden Screaming Dead (“This Is the End Of The World”, “Night Creatures”, ich liebe beide Songs!), neben den brasilianischen Signo 13 mit “Abiamo céu” und “Deconstrução evolução” (mitreißender Alternative Post Punk). Hino Mortal liefern mit “Sem Leis ou Líderes”, “Generais” und “Brinquedo de Guerra” gleich 3 scheppernd krachige Schmankerln (gehören sie schließlich, bereits seit 1982 aktiv, zu den Pionierbands der brasilianischen Hardcoreszene). Von Sub Existência gibt es in Oldschool Punk Manier “Ódio na Direção Certa” und “Sob Condicional” auf die Ohren. Irgendwo zwischen The Clash und Dead Kennedys werden sich hier die klassischen Punker*innen unter euch zu Hause fühlen. Den Bonustrack gibt’s von Suco Gastrico SP mit “Espantalhos de Alumínio”: Dumpf, hastig, derb, brutal.
Und so möchte ich mein Review mit den Worten meines geschätzten Vinyl-Keks-Kollegen Colt Ivers (dessen Review zu Sinistro Records Vol.1 ihr hier nachlesen könnt) beenden :
“Fazit: Der traditionsbewusste Punkrock-Connaisseur, der gerne mal über den deutsch-englischen Tellerrand schaut, kann hier bedenkenlos zuschlagen”
Wenn ihr Interesse an dem Sampler und/oder dem Label habt, kontaktiert Marcio einfach über die Instagramseite von Sinistro Records oder schreibt ihm einfach eine E-Mail: sinistrorecords.br@gmail.com