Das folgende Interview entstand am Rande des Interviews mit der Band GRIND, welches hier auf Vinyl-Keks bereits veröffentlicht wurde. Das harte Metal-Jungs einen zu weilen eigenartigen Humor haben ist bekannt, aber das es auch entsprechende Musiker gibt, die den Mut haben, mal die Hosen herunterzulassen und und ihre Vinylsünden öffentlich preis zu geben, das beweist heute René Michalski, Gitarrist und Sänger von GRIND.
Wie bei jedem, der mit Überzeugung Vinyl sammelt, archiviert und liebt, hat nahezu jede Schallplatte in der eigenen Sammlung eine Geschichte. Somit ist das mit den Vinylsünden wirklich schwer – zumindest aus meiner subjektiven Perspektive. Nicht aber für alle anderen, die bislang in den Genuss kamen, diese zu durchstöbern. Es wurde an dieser oder jener Stelle die Nase gerümpft oder auch die Augenbrauen angehoben. So gelangt man alphabetisch orientiert gleich hinter Exhorders „Slaughter In The Vatican“ für die geneigten Death Metal und Grindcore Jünger zu einem wohl verachtenswertes Werk. Die Rede ist von Extremes „III Sides To Every Story“, für mich allerdings eine DER persönlichen Platten für die Ewigkeit.
Als die besagte Band damals mit dem Vorgängeralbum durch die Decke ging hörte ich Thrash, Death und Industrial. Doch irgendwas ist wohl in meiner DNA fest eingraviert, was mich zur Liebesfilm- und Disneyheulsuse macht und eben empfänglich für – hier und da – durchaus kitschigen Hardrock des Mainstreams. Geht es verwerflicher?
„More Than Words“ fand ich wunderschön, das Solo von „Get The Funk Out“ atemberaubend und ein Teil in mir wollte so sein wie Nuno Bettencourt; durchtrainierter und gutaussehender Gitarrenvirtuose. Mein anderer Lieblingsgitarrist ist übrigens Caspar Brötzmann. Doch das ist eine andere Geschichte.
Der Nachfolger „III Sides…“ war und ist allerdings gereifter, ein konzeptionelles Meisterwerk ohne Ausfälle mit unschlagbarem Disneyfinale. Ja das Wort Disney hat Platz in meinem Universum. Und es wird weiterhin dort seinen Platz haben.
Seit Erscheinen (1992) höre ich diese Platte mehrmals im Jahr. Ich hatte sie auf CD und die Wiederveröffentlichung vor einigen Jahren war für mich wie Geburtstag und Weihnachten zusammen. Über die Jahre hinweg besaß ich zunächst zwei Washburn N2 (selbstredend das Signature Model von Nuno), um mir dann – ebenfalls erst vor ein paar Jahren, endlich eine N4 zuzulegen. Leider nicht die Ausführung des besagten Albums, diese übersteigt leider mein Budget.
Und dann dauerte es noch weitere Jahre bis ich Extreme endlich live sehen konnte. Live Music Hall in Köln, eine Show wie im Stadion, mein Patenkind war mittlerweile alt genug und musste fahren – alle anderen die ich die Jahre zuvor fragte, sind schreiend weggerannt.
Was soll ich sagen. Natürlich spielten sie auch Stücke meines Lieblingsalbums. Gegen Ende rannte Nuno auf mich zu – als Rollstuhlfahrer saß ich im Fotograben -, nickte bzw. checkte mich ab, schloss die Augen und spielte ein unfassbares Solo. Doch es kam noch besser, Kurz danach bewarf mich der Bassist Pat mit einem Plektrum und am Schluss klatschten mich noch alle ab. Besser geht es nicht und ich war in meinem persönlichen “Extreme-Nirvana”. Das Ganze zu toppen ist schier unmöglich, außer vielleicht endlich eine Vinylveröffentlichung des Nachfolgewerks „Waiting for the Punchline“. Da würde dann erneut jeder meiner Metalgäste die Nase rümpfen und mir die Freundschaft kündigen. Aber ehrlich, da käme ich ins Grübeln …