Zack! Gebuzzert und ich hab die Lösung. Billy Idol. Das war einfach und schon nach fünf Sekunden hab ich die Antwort. Was?! Stimmt nicht?! Dadaong, Zonk. Yungblud, mit bürgerlichem Namen Dominic Harrison wäre richtig gewesen. Dabei war das auch echt fies, denn der Opener “The Funeral” des dritten Studioalbums des Künstlers aus dem englischen Doncaster glänzt mit einer so dermaßen offensichtlichen Hommage an den Altmeister Idol, dass man schon mal leichtfertig und vorschnell daneben greifen kann.
Jetzt aber. Zack, gebuzzert. Song 2 “Tissues” ist von The Cure. Ganz klar. Machart, Popappeal und dieser Keyboardsound. Kein Zweifel, das können nur die Mannen um Robert Smith sein. Waaas?? Schon wieder falsch?! Zwar benennt Yungblud The Cure als einen seiner großen Einflüsse, aber er ist eben immer noch sich selber. Hab jetzt die Schnauze voll vom Raten und ist jetzt ja auch eh überflüssig. Der Künstler ist identifiziert und wir können das Ganze nüchtern analysierend fortsetzen.
“Memories” (feat. Willow) führt das bis dato gehörte poppige Konzept weiter. Die Reminiszenzen zwar nicht ganz so offensichtlich und ich muss ein bisschen länger grübeln, aber es gibt sie. Der Song klingt wie eine Symbiose aus Billy Talent (Gesang), My Chemical Romance (Pathos) und Bloc Party (perfekter Mix aus Rock und Pop). Zwischenfazit: ist auf jeden Fall schöne Musik, wenn auch nicht für jedermensch und nicht für jeden Tag.
Yungblud hat seine Hausaufgaben die letzten rund 25 Jahre gemacht und von allen, die in diesem Vierteljahrhundert mit alternativer Musik Erfolg hatten, gelernt. Und nebenbei auch noch ein paar ältere Semester beigemischt. Und da seh’ ich sie auch schon vor sich hinschimpfen, die Kritiker*Innen, die Yungblud fast schon automatisch auf SWR 3 verbannen. Zu anbiedernd sei die Musik, zu schnulzig und zu belanglos. Ja, ich gebe zu, die schmachtende Ballade “Sweet Heroine” lässt mich auch kurzfristig in dieses Lager abdriften. Mit dem darauf folgenden “Sex Not Violence” bin ich aber schon wieder auf der Spur.
Man muss Yungblud schlicht und ergreifend ein Händchen für richtig gute Songs attestieren, die durch Eingängigkeit bestechen und moderne Popelemente gut für sich zu nutzen wissen, ohne dadurch allzu sehr nach Plastik zu klingen. Auch wenn ich nie Fan von HIM war, so kann ich Yungblud, neben dem schon ein bisschen vorhandenen Gekünstel, eine gewisse Glaubhaftigkeit und Credibility zugestehen. Das geht in Ordnung und Yungblud könnte das Zeug dazu haben, dieser schlimmen Welt, in der 20jährige zu Helene Fischer-Fans mutieren und wochenends auf Schlagerparties abhotten, eine sinnvolle Alternative durch alternative Musik entgegenzusetzen. Mindestens aber werden auch weiterhin noch nicht der guten Musik abtrünnige junge Menschen auf Mainstream-Rockfestivals wie Rock am Ring zu Yungblud tanzen. Na, ein grobes Bild bekommen? Dann entscheidet selbst, ob ihr mittanzen wollt.
Die Platte erschien hierzulande via Locomotion Recordings/ Geffen Records am 30.09. in diversen farbigen Variationen und mit verschiedenen Artworks. Für jede*n was dabei. Mir liegt hier so was wie die Standardversion vor: schwarzes Vinyl und großformatige Fotografie von Yungblud vorne drauf. Hochwertige und bedruckte Innenhülle und fertig. Gibt es z.B. bei JPC. Viel Spaß und gute Unterhaltung mit Yungblud.