Eine Reise auf dem Highway of Fuzz-Riffing
Und wieder frischer Vinyl-Wind aus Norwegen. Wozu auf die neue Scheibe von Kadaver warten (die übrigens am 23.Oktober 2020 erscheint), wenn es doch so Interessantes Neues vom Label Apollon Records zu bestaunen gibt. Dankenswerterweise hat Apollon zum Versandpacket für die Review von Slomosa auch diese, ich nehme es vorweg, hoch anregende Scheibe Psychedelic-Rock vom Newcomer Kryptograf beigelegt. Tusen takk Apollon!
Der Sound der vierköpfigen Kombo ist im progressiven schweren 70er Jahre Metal zuhause. Unschwer erkennbar von Bands wie Black Sabbath oder Witchcraft beeinflusst. Drei der vier Jungs aus Vestland , Norwegen, bedienen die Vocals, was den Gesang um einiges facettenreicher macht. Es sind gar zeitweise fette Ozzy-Schwingungen, die ich da empfange. Kommt sau gut.
Der Opener „The Veil“ nimmt uns gleich mit einer kräftigen schweren Bassline und viel Zug mit auf die Reise in die 70er. Man fühlt sich tatsächlich betört und auch ohne irgendwelche Substanzen heftig angeheizt. Ich möchte am liebsten im Kleiderschrank kramen und meine alte Schlaghose von Levis rausholen – sind ja jetzt eh wieder hip -. Ein angenehmer Schauer hält mich dann aber doch weiter in den Couchsessel gedrückt und lässt mich spannend lauschen. „Omen“ hat eine gruselige Ausstrahlung und das liegt nicht nur am Titel und den schrägen „Psychomäßigen“ Violinkratzern zum Ein- und Ausstieg des Stücks. Schon sehr Kadaver-like. Ha!
Mit einnehmenden 9 Minuten 20 und einem Monster-Gitarrensolo über mehr als drei Minuten ist der letzte Track der A-Seite, „Seven“ ein guter Anspieltipp, um sich einen Gesamteindruck über den Stil und den Sound des Erstlings von Krytpograf zu machen. Hier wird auch ganz deutlich, die Platte ist keine sehr laute, auch wenn es gewiss dröhnende Momente gibt. Da kommt ganz viel Gefühl und Emotion durch die Boxen.
Es passt irgendwie alles zusammen. Die Bandmitglieder wirken als eingespielte Einheit, obgleich dieses gute Stück Vinyl erst das Debüt von Kryptograf darstellt. Sie spielen genau die richtige Menge Fuzz-Riffs ab und liefern geradlinigen Heavy Metal der alten Schule ohne die Moderne zu vernachlässigen. Eher modern beispielshalber auch der spacige Computer Sound, der sich zu einem mit reißendem Intro zum Riff-zentrierten „Crimson Horizon“ ausbaut. Eine Nummer, die dann tatsächlich auch mal zum Headbangen einladen könnte. Ich lass es dann doch sein, käme mir irgendwie unpassend vor, so mit ner Tasse Pfefferminztee in der Hand und im Pyjama auf der Couch fläzend. Pseudo-Rocker, ich! Zudem liegt ja die Schlaghose immer noch im Schrank…irgendwo.
Zu den seufzenden Zupfgitarren und dem dann wieder ach so nach 70er Jahre klingenden Gitarrenriffs, die den Track „Sleeper“ zu einem soliden Midtempo-Rocker lancieren, denke ich „oder tuts auch die TH MP Pilotensonnenbrille?“ Yeah! Kurz mal den Schallplattenarm auf „up“ , Brille gesucht, gefunden und aufgesetzt. Weiter geht’s.
Stilecht mit den richtigen Augengläsern auf wartet ein wahrer Hochgenuss auf mich. „New Colossus“ überzeugt mit kraftvoll gefühlsbetontem Gesang und knieerweichenden Zerrriffs. Und ich höre und sehe die Welt in anderem dezent verzerrtem Licht.
“We are one, we see the truth. We hide our secrets in light. …”
Huch…und dann ist es mit dem leisen instrumentalen Rausschmeißer „Infinite“ auch schon getan und rum mit einem Debütalbum, das mir so viel Freude bereitet hat, dass ich in Zukunft auf jeden Fall mehr von Kryptograf hören möchte.
Das Vinyl-Cover hält sich klassisch minimalistisch und stilgerecht, das schwarze Vinyl eingekleidet in eine unbedruckte schwarze Hülle. Leider liegen keine Texte bei (schnief).
Zu erhalten ist das Album zum Beispiel bei JPC oder Bandcamp
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