Wer verstehen will, was seit dem 09. August in Belarus passiert, sollte sich den neuen MessesdUp Song “Scream Louder” anhören und dabei bedenken, dass sie ihn bereits im April dieses Jahres geschrieben hatten.
Messed Up sind vier junge Frauen aus der belarussischen Stadt Grodno nahe der polnischen und litauischen Grenzen. Das Quartett gründete sich 2015 mit dem Willen, der Lethargie seiner postsowjetischen Heimat zu entfliehen und den sozialen Erwartungen und Zwängen der eigenen Umgebung mit Selbstermächtigung und Kreativität entgegenzutreten:
“Der Text sagt sehr deutlich, wie satt wir es haben, unter einem Regime zu leben, das sich nicht für das Leben der Menschen in diesem Land interessiert. Wir sind jung und wir wollen nicht das Leben unserer Eltern führen, die bis ans Ende auf bessere Zeiten warten. Nein, es geht nicht darum, geduldig zu sein. Wir haben andere Träume und Erwartungen an unser Leben als gute Hausfrauen zu sein, zwei Kinder zu gebären (eins für die Armee bitte!), Kartoffeln zu kochen und zu glauben, dass Belarus der coolste Ort der Welt ist. Weil wir seit hundert Jahren einen so tollen und klugen Präsidenten haben, der weiß, was das Beste für uns ist. Wir haben genug von all dem Bullshit, den sie uns Tag für Tag erzählen. Wir haben die Propaganda satt, wir haben die Mauern satt, gegen die wir rennen, wenn wir unseren eigenen Weg gehen wollen. Wir haben die Lügen, die Aggressionen und die Drohungen gegen jeden, der nicht bereit ist zu gehorchen, satt. Wir können uns nicht mehr gedulden und wollen uns nicht mehr fürchten. Um dieses Gefühl geht es in dem Song. Wir wollen nicht kaputtgehen. Wir wollen leben. Und es scheint, dass wir nicht die einzigen sind, die sich in unserem Land so fühlen. Seit August gehen jede Woche viele Hunderttausende auf die Straße. Das Regime ist nicht in der Lage, sich zu reformieren, es reagiert mit Brutalität und Folter. Es ist wie in einer gewalttätigen Beziehung, aus welcher der*die Partner*in nicht entkommen kann. Dieser Vergleich passt, da eine gewalttätige Beziehung keine Zukunft haben kann, weil man eine solide Zukunft nicht auf Gewalt aufbaut. Und so ist es auch mit diesem Regime und den Menschen hier. Aber wir wollen kein Opfer sein, wir werden bis zum Ende kämpfen. Im Moment können wir nicht sagen, wie unsere Zukunft aussehen wird. Dieser Song erinnert uns daran, nicht aufzugeben.”
Nachdem Messed Up seit vier Jahren ihren knochentrockenen, auf den Punkt gespielten Punkrock perfektionieren und eine digitale EP veröffentlichten, haben sie mit „Everything You Believe In“ ein elf Songs starkes Debütalbum mit stets melodischem Punkrock abgeliefert
Foto: https://www.facebook.com/messedUPgrodno