Es ist ein typisch düsterer Novembertag und doch gibt es etwas für mich, was mir ein als Silberstreif am Himmel erscheint; ein Interview mit den Jungs von GRIND. Ich darf Jungs sagen, denn trotz des fortgeschrittenen Alters der Band, bin ich noch ein kleines Stück älter. Ich halte also das Album in Händen und betrachte das sehr stilvolle, düstere Cover, das mich an die dunklen Stimmungen der Gemälde von Caspar David Friedrich erinnert. „Songs of Blood and Liberation“ haben GRIND ihr Debüt genannt, und ich kann verstehen wie sie es gemeint haben, die Entstehung des Albums hat jeden Einzelnen Blut und Schweiß gekostet. Und am Ende war es eine Befreiung, all die kreativen Ideen loszulassen wie einen Strauß Luftballons und zu sehen wo man landet.
Ob die Jungs von GRIND nun ihren perfekten Riff gefunden haben, könnt ihr im folgenden Interview lesen, das ich Bent Knudsen geführt habe.
Glückwunsch zum gelungenem Debüt Album! Habt ihr unsere Rezension gelesen?
Klar, und wir finden unsere Idee zum Album in eure Kritik wieder und uns sehr gut verstanden. Sowas freut uns jedes Mal.
Was ist denn die Idee zum Album gewesen?
Wir wollten eine harte Metalplatte machen, ohne stilistische Einschränkungen und ohne die üblichen Klischees des Metal. Und wie ihr es schreibt, ist es eine Platte geworden, die aus so ziemlich allem besteht, was die nötige Härte hat. Insgesamt sind wir tolerant und offen gegenüber Ideen. Prinzipiell wird alles gemacht, was einer der Bandmitglieder anschleppt und in welche Richtung es geht, spielt keine Rolle. Früher vor 25 Jahren wurde in einer Death Metal Band auch nur Death Metal gespielt. Jede Note, die nach etwas anderem als Death Metal klang, zog das Ärgernis der anderen Bandmitglieder nach sich und wurde mit abwertenden Blicken oder Gesten belohnt. Heute wäre uns das definitiv GRIND zu einschränkend und als kreativ einengend empfunden.
Das Album enthält vielfache Strömungen, Zitate und Einflüsse, die am Ende als schlüssige Einheit zusammenfinden. Dadurch klingt das Album sehr abwechslungsreich. War diese Vielfalt Teil des kreativen Prozesses?
Ja und es war absolut so gewollt. Wie schon gesagt hört jeder von uns wann immer es geht Musik. Dabei reicht das Spektrum von Country über Depeche Mode bis hin zu Metal. Es galt diese Vielfalt mit einzubringen und musikalisch in den GRIND typischen Sound zu transformieren. Dabei sind die Regeln einfach; erlaubt ist, was gefällt, aber das Riff muss direkt auf die Zwölf gehen.
Was sind denn die wesentlichen Einflüsse die euch als Musiker in all den Jahren geprägt haben und was findet sich auf der Platte wieder?
Wir sind natürlich alle in den frühen 90er metalsozialisiert worden und das hört man deutlich auf der Platte. Ich für meinen Teil habe bei Riffs, die ich schreibe, immer konkrete Bands im Kopf, an denen ich anknüpfen möchte. „Empty Things“ ist für mich deutlich von Napalm Death beeinflusst, „Doomed“ wurde geschrieben als gerade Crowbar lief. Zwei Knüppelstücke von Rene hatten die Arbeitstitel Nasum 1 und Nasum 2. Aber wir hören alle keineswegs nur Metal, sondern innerhalb der Band wird fast alles gehört. Wir sind Musikliebhaber und das merkt man der Platte an.
Die Grundstimmung des Albums ist eher düster und weist kafkaeske Strömungen auf. Auch die beachtenswerten Texte sind eher düster. Ist das dem Genre geschuldet oder spiegelt das eure Einstellung zum Leben wieder?
Das ist lustig, dass du das fragst; selbstverständlich verstehen wir uns als Metalband und von daher sind unsere Texte keine fröhlichen Gassenhauer. Aber defacto haben wir einen externen Texteschreiber, der sich auf eher Metal untypischen Wegen bewegt. In der Tat findest du in unseren Texten sogar ein Einhorn!
Du sprichst von den 90ern und 25 Jahren Musikmachen. Gibt es GRIND wirklich schon so lange?
Nein, wir kommen alle aus Flensburg und haben dort bereits vor 25 Jahren teilweise in gemeinsamen Metalbands gespielt, aber GRIND haben wir erst vor ca. drei Jahren auf die Beine gestellt. Mittlerweile sind wir komplett in ganz Deutschland verstreut, was die Sache nicht immer so einfach macht.
Wie geht das als Band? Wie kriegt man dann so ein Album zustande?
Wir sind sicher keine typische Band mit regelmäßigen Proben am Freitagabend. Wir arbeiten in Sessions und treffen uns für komplette Wochenenden in Düsseldorf, Flensburg oder Ulm. Jeder bringt seine Ideen mit und die werden dann aus arrangiert. Dass wir uns so lange kennen, hat auf jeden Fall geholfen zu Ergebnissen zu kommen.
Aber wie kriegt ihr dann Konzerte hin?
Wir haben tatsächlich noch keinen einzigen Gig mit GRIND gespielt. Wir werden seit Veröffentlichung des Albums immer öfter darauf angesprochen und innerhalb der Band gibt es da durchaus unterschiedliche Positionen, aber wir verstehen uns grundsätzlich als Band die Freude am kreativen Prozess hat und Platten machen will. Das ist uns erstmal wichtiger als live zu spielen.
Du sprichst davon, dass Live-Konzerte nicht eurer Bandidee entsprechen.
Das stimmt auch, allein unsere aktuelle Lebenssituation erlaubt uns, unsere Bandidee so wie wir es wollen, in unseren Grenzen, in unserem Tempo umzusetzen. Allerdings, wenn ein spannendes Projekt kommt … wer weiß.
Live zu spielen ist ja für viele Bands Lohn der Mühen. Was ist denn eure Motivation?
Unsere Motivation ist der kreative Prozess, d.h. konkret Riffs und gute Metalsongs zu schreiben. Am Ende dies als Vinyl-Veröffentlichung in den Händen zu halten und in Plattenläden stehen zu sehen, ist für uns der Lohn. Sicherlich ist auch noch das gute Feedback aus der Metal-Community hervorzuheben. Und selbstverständlich freut uns jedes neue Riff, dass es lohnt weiterentwickelt zu werden.
Ihr betont es hier im Gespräch mehrfach, dass die Riffs für euch entscheidend sind. Jetzt mal Butter auf die Fische, was macht denn ein gutes, hartes Riff eurer Meinung nach aus?
Ein gutes Riff drückt auch ohne aufgeblasene Produktion. Wir haben kein Bock auf diese überproduzierten Computer-Platten, auf denen jedes beliebige Riff erstmal hart klingt, aber eben nur durch den aufgemotzten Sound. Viel von dem Metalcorezeug heutzutage wirkt dadurch substanzlos und austauschbar.
Entschuldigt, aber das klingt jetzt ein wenig nach „früher war alles besser“!
Ja, die Riffs waren früher oftmals auch einfach besser oder zumindest standen sie mehr im Fokus. Deshalb haben wir bei den Aufnahmen auch auf den ganzen SchnickSchnack verzichtet. Die Amps wurden mikrofoniert, unsere junger Produzent Yannic hat so gut wie Nichts nachbearbeitet. Wir finden unsere Platte klingt oldschool-organisch und trotzdem irgendwie modern.
Welche Rolle spielt für euch denn das Alter? Das ihr alle über vierzig seid und 25 Jahre für die erste Platte gebraucht hat, ist ja eher ungewöhnlich.
Für uns spielt unser Alter keine Rolle aber für manche Hörer erstaunlicher Weise schon. Es war aber für den einen oder anderen inspirierend, musikalisch sein Ding zu machen – unabhängig von Alter und Distanz zu den Bandkollegen. Auch wenn wir selber nicht darüber nachdenken, ist es schon beachtlich zu hören, dass unsere Platte zum Griff zur verstaubten Gitarre bewegt hat.
Ich denke die Scene ist klein und überschaubar … wie geht ihr mit der Konkurrenz um? Kennt man sich?
Ganz ehrlich? Wir sind öfter beim Ballett, als in der Metal-Kneipe. Jeder hat Familie und einen Beruf, so dass wir uns nicht als Teil einer Szene oder Community verstehen. Was wir allerdings tun, wenn es Gelegenheit dazu gibt, ist der musikalische Austausch mit anderen Musikern. Da wird auch schon mal das ein oder andere Vinyl getauscht.
Wie geht es jetzt mit GRIND weiter?
Wir sind voll dabei, unser Label zu unterstützen. Nach dem ersten Anschieben mit Reviews und Interviews merken wir gerade, dass auf Grund von Empfehlungen unter Freunden zu unserem Album gegriffen wird. Daher machen wir erstmal so weiter und freuen uns über jede Interviewanfrage und jedes Feedback!
Ist zu erwarten, dass GRIND sich noch mal einem kreativen Prozess stellen und ein zweites Album veröffentlichen werden?
Auf jeden Fall, wir haben allerdings noch keinen Zeitpunkt im Auge. Aktuell kümmern wir uns noch um den Vertrieb des Debutalbums.
Das Interview geht zu Ende, vielen Dank an GRIND, eine Band, die sich auf der Suche nach dem perfekten Riff nicht einschränken lässt und die den kreativen Prozess des Schaffens in den Mittelpunkt stellt. Wir haben auch das Album bereits in der Kritik gehabt. Lest euch hier gerne das Review dazu durch.
Hammer Platte! Jeder Song geht auf die zwölf. Während ich bei vielen anderen Metal oder Grind Geschichten nach spätestens zwei Songs ausmache, weil alles gleich klingt, die Stimme nervt oder etliche lange Gitarren-Solis den Flow rausnehmen ist dem hier nicht so. Tolle (zweistimmige) Shouts, Screams und Growls ohne falschen Pathos. Schlagzeug und Bass drücken und die Gitarren machen mir Gänsehaut. Wow!
Anspieltipps: Empty Things & Liberate
Bestes Metal Album des Jahres. Hoffentlich kommt da noch mehr.
Vielen Dank für das Interview, großer Grind-Fan hier! Hart und doch melodisch, düster und romantisch…Liebe einfach!
Danke für das Feedback. Schau mal die Top 3 Listen 2020 auf vinyl-Keks..LG LN
Definitiv ein Highlight im Plattenregal 2020!