21 Minuten Wiener Schmäh verteilt auf fünf Songs einer Picture-Disc. Fälschlicherweise wurde auf die Vinylscheibe „45rpm“ aufgedruckt. Das Ding läuft aber am besten rund mit 33rpm. Und das ist genau die Arbeitsgeschwindigkeit der Band DESOLAT, die hier ihr zweites Werk „Songs of Love in the Age of Anarchy“ vorlegen. Übrigens mit dem Hang zu seltsamen Artwork. DESOLAT entstanden aus der Band Cyruss, die ebenfalls aus Wien stammte und durch eine härtere Gangart Beachtung fand.
Der Opener „Nuclear Extinction to Human Civilisation“ thematisiert die nukleare Auslöschung der gesamten Menschheit und schleppt sich im Schneckentempo dahin, während der Gesang düstere Szenarien beschreibt. Die Drums walzen durch den Songs wie ein Tank auf breiten Ketten, dazu der knurrige Bass und die melancholische Gitarre. Das ist für mich Sludge vom Feinsten! Was will man mehr? Das Titelstück an zweiter Stelle zieht ein wenig das Tempo an, bleibt aber immer noch in der musikalischen 30er-Zone. Hier nimmt sich der Bass zu Gunsten der Gitarre ein wenig zurück. Ich liebe das dritte Stück „The Bureaucrat“ von der ersten Sekunde an. Nicht nur weil hier die Musikalität der Band schön zum Ausdruck kommt. Hier gibt es neben Sludge und Stoner auch noch einen saftigen Touch Hard Core, deren Gitarren-Riffs bei mir Gänsehaut erzeugen und Schauer über den Rücken jagen. Richtig dreckig runtergerotzt, mit der typischen Attitüde und einem Drummer, der mit seiner Kiste das Tempo jederzeit im Griff hat und den Song gnadenlos treibt und treibt. Den Song „The Beaurecrat“ gibt es hier in einer wunderschönen Live-Version.
https://youtu.be/4yEHeUPfESA
Die B-Seite glänzt mit zwei Tracks, die so optimistische Titel wie „Waste of Life“ und „Dreams of slaughtered Yuppies under Starlit Night Skies“ (für den Titel schon mal einen extra Punkt!) aufweist. Musikalisch fahren wir weiter im gewohnten Fahrwasser von DESOLAT. Treibende Drums , der Bass und die Gitarre, die mal melancholisch, dann wieder in harte Riffs wechselt, bleiben die Konstanten in den Songs. Dazu kommt noch der Sänger, der uns seine Verzweiflung ins Gesicht schreit und den Eindruck erweckt, das sein Morgenmüsli aus stählernen Schrottteilen besteht.
Hört man das Album mehrmals, finden sich immer wieder weitere Details, die den Hang zum Detail beim Komponieren der Band zeigen. Dazu gehört auch die Verwendung von deutschen und französischen Filmsampeln in zwei Stücken. Am Ende rückt sich das Bild vom Postkarten-Österreich ein wenig gerade. Gott sei Dank wird auch hier, fernab von der Volksmusik und Schlager für qualitativ hochwertige alternative Musik gesorgt. Die Jungs von DESOLAT kommen zwar aus der DIY-Anarcho-Punk-Szene, ihre Musik ist jedoch eine Gemengelage aus verschiedenen Stilen und Genre. Echter Minuspunkt: kein Textblatt dabei. Natürlich lässt sich auch so erkennen, dass es sich um gesellschaftskritische und antikapitalistische Themen handelt. Am Ende ist diese Platte besser als jede Wiener Melange oder Sacher Torte. Wen das überzeugt, kann in die Wiener Unterwelt abzutauchen, hier ist der Einstieg.