In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1″ (gibt’s hier zu kaufen) und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” (VÖ im Juli) zu Wort kommen. Die Sampler sind unter dem Child8Project, einem Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals, welches 2022 erstmalig stattfinden wird, entstanden. Das gemeinsame Ziel eint die Projekte und das Festival: In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart sammeln sie Geld für den Bau einer Schule und ein Wassersystem in Kathmandu / Nepal. Detailliertere Informationen zu dem Projekt und dem Sampler findet ihr hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Dieses mal haben wir mit Chris von Planet Watson (Stuttgart) unter anderem über ihre Teilnahme am Projekt, ihre neue Platte und Barrierefreiheit in der Musikszene gesprochen.
Chris, schön, dass Du Zeit für uns gefunden hast. Ursprünglich hätten wir mit Planet Watson im September diesen Jahres, auf der Premiere des The Madness Pogo Festivals, für die gute Sache feiern können. Leider wurde das Festival ja abgesagt (Gründe muss ich jetzt nicht weiter erläutern). Wie kam es zu der Anfrage, und was waren Eure Beweggründe dort zu spielen?
Hey Nathalie, wir haben zu danken für das Interesse an Planet Watson.
Das mit der Anfrage ist ja jetzt auch schon ein paar Tage her. Und da das Booking über unseren Sänger Hesse läuft, weiß ich gar nicht, wie es genau dazu kam. Ich glaube, dass Sascha, der Veranstalter uns 2016 auf dem Punk Rock Holiday in Slowenien gesehen hat und uns scheinbar ganz gut fand. Der kam irgendwann später nochmal auf ein Konzert und zeigte uns, dass er sich die Weltkugel mit Melone und Schnorres aus unserem Logo tätowieren hat lassen.
Dass dann alle von uns Zeit hatten, hat an Motivation jedenfalls schon gereicht, zuzusagen. Da das alles so furchtbar trocken und langweilig klingt, können wir ja einfach behaupten, dass der Veranstalter uns mit Uriah Heep verwechselt hat, die er unbedingt haben wollte und bis jetzt noch nicht gemerkt hat, dass uns so Hits wie „Lady in Black“ leider fehlen. Der wird Augen machen.
Ach, Du spielst NICHT bei Uriah Heep? (Anm.: Es ist tatsächlich nicht leicht, den Überblick über Chris’ zahlreiche Bandaktivitäten zu behalten…). Trotzdem (oder gerade deswegen) hätte Euch das Publikum des The Madness Pogo Festivals mit Sicherheit gefeiert. Die Festivalveranstalter:innen haben ja relativ zügig reagiert, um ihr Ziel, nämlich Geld für den Bau einer Schule in Kathmandu zu sammeln, trotzdem weiter verfolgen zu können und haben in windeseile die erste Benefiz Vinyl veröffentlicht. Auf der zweiten Release ist Planet Watson auch vertreten. Was für einen Song habt ihr beigesteuert, und warum ausgerechnet diesen?
Ha, die Frage ist schnell beantwortet. Wir haben den Song „Done“ von unserem zweiten Album beigesteuert, weil Sascha sich den gewünscht hat. Ich nehme an, dass der einfach am meisten nach Uriah Heep klingt. Mir fällt bei deiner Frage außerdem ein, dass es mal eine Band mit dem Namen Katmandü gab. Deren Platte habe ich mal zum Geburtstag bekommen. Ich glaube, die war nicht so furchtbar stark. Ich hör nochmal rein, aber eventuell brauche ich die nicht mehr. Hättest du Interesse an einer Platte von Katmandü?
Hüstel, nein, danke, sehr aufmerksam – mich interessiert eher die neue Planet Watson Platte 😉 Die habt ihr letztes Jahr im Sommer doch aufgenommen und sie soll ja dieses Jahr erscheinen, richtig? Gibt es schon ein Release Datum? Was erwartet uns?
Ja, wir haben tatsächlich kurz vor Beginn der Pandemie damit angefangen, die Schlagzeugspuren aufzunehmen. Im Lauf des Sommers war es dann immer die Frage, was man darf und was nicht. Unser Gitarrist Torge nimmt seine Spuren eh immer daheim auf und schickt die durch, unser Bassist Manu und Hesse sind dann aber immer wieder nach Ludwigsburg ins Studio gefahren, um ihre Spuren abzuliefern. Mit den ersten Rough Mixes haben wir dann schon unsere Fühler nach Gastsänger:innen ausgestreckt. Die Liste war lang, einige haben schnell zugesagt, auf manches mussten wir lange warten, andere haben abgesagt. Im Endeffekt schlägt das Album in dieselbe Kerbe wie die Alben davor. Hesse schreit allerdings weniger und singt mehr. Ansonsten klingt es unverkennbar nach Planet Watson. Und wie immer haben wir alles im Tempo von 210 bpm gehalten. Dadurch klingt eh alles gleich.
Du verstehst es, Werbung für Euch zu machen. Planet Watson feiert ja dieses Jahr im Oktober 10-jähriges Bandjubiläum im Stuttgarter Jugendhaus West – wie sind denn eure Prognosen? Wie wird die Feierei ablaufen? Werden wir am Eingang gescannt und malen uns nach dem Konzert Alibi- Blaue- Flecken auf, oder tretet ihr hinter ‘ner Plexiglasscheibe auf?
Ach so, weil du gefragt hattest: nach längerem Hin und Her fällt die Veröffentlichung auf das zehnjährige Jubiläumskonzert im Oktober. Ursprünglich wollten wir das Album im Frühjahr schon releasen, allerdings hat bei uns alles etwas länger gedauert. Jetzt sind die Platten aber im Presswerk und bis Oktober sollten die da sein.
Meine Prognose für das Konzert im Oktober ist: Wir werden es verschieben müssen. Ich weiß, dass sich derzeit alle aufgrund der Impfungen und sinkenden Zahlen in Optimismus ergehen, aber ich glaube, der Drops ist noch nicht gelutscht und bis Herbst werden wir es schon wieder hinkriegen, das zu verkacken. Na ja, ich neige nun auch nicht gerade zum Optimismus. Hesse ist dagegen der festen Überzeugung, dass das stattfinden wird. In welcher Form auch immer.
Dann hoffen wir jetzt einfach mal, dass Hesse recht behält. Wie hat sich denn die Coronazeit auf Dich persönlich und Euch als Band in Bezug auf Dein / Euer kreatives Schaffen ausgewirkt? Ich selbst hatte zumindest den Eindruck, dass auch viel Neues entstanden ist (z.B. Plattenschau) und sich die Solidarität der Stuttgarter Szene gezeigt hat (z.B. Goldmark’s Sampler).
Wenn man einen positiven Aspekt in der Pandemie sehen kann oder will, dann mit Sicherheit, dass die Szene in Stuttgart zwar überschaubar, dafür aber unheimlich vital und solidarisch ist. Das habe ich vor der Pandemie schon immer so empfunden, aber es zeigt sich jetzt für mich nochmal deutlich. Überall wurden die Leute kreativ und haben sich Konzepte überlegt, wie man trotzdem etwas reißen kann. Man hat auch den Eindruck, kaum Menschen auf die Seiten der Querdenker „verloren“ zu haben. Na ja, abgesehen von zwei, drei Ausnahmen natürlich.
Ansonsten fehlen mir die Proben mit all meinen Bands. Mit einem Großteil der Bands gab es ebenfalls den Plan, an neuem Material zu arbeiten beziehungsweise bereits geschriebenes Material endlich aufzunehmen. Ich beschränke mich also darauf, für all die Bands zuhause Demos zu sammeln. Langsam würde ich die aber gerne mal in voller Besetzung angehen. Und ich habe eine neue Band mit dem Riedinger von Neat Mentals, High und Nakam gegründet. Wobei es eher ein Projekt ist. Wir machen das nur zu zweit und konnten daher trotz aller Kontaktbeschränkungen regelmäßig in den Proberaum. Ein idealer Anlass, um sich mit einem weiteren Menschen zu treffen und Bier zu trinken. Ähnlich verhält es sich mit der Plattenschau. Wenn ich schon keine Musik machen kann, treffe ich mich mit Anderen und rede eben über Musik.
Das klingt schlüssig. Ich würde noch gerne eine Frage loswerden, die ich aus meiner Interviewreihe “MusInclusion” von Lisa&David aka Sit’N’Skate (zum vollständigen Interview geht’s hier) mitgenommen habe: Ist Euch bewusst, dass es Clubs in Deutschland gibt, in denen Menschen mit Behinderung (in diesem Fall Rollstuhlfahrer:innen) keinen Einlass haben, d.h., dass sie vielleicht auch Eure Konzerte nicht besuchen können? Habt ihr Euch als Band schon mal mit dem Thema Ableismus in der Musikszene auseinandergesetzt?
Ja, es ist mir absolut bewusst, dass es Locations gibt, die nicht behindertengerecht sind. Mir fällt das auch immer wieder auf, seit ich mit meinem Freund Flo vom Juha West mal darüber gesprochen habe, dass das im Juha auch nur dank des Aufzugs funktioniert. Aber klar, je nachdem, wo man sich aufhält, wird das auch schwierig, eine gute und einfache Lösung zu finden. Ich denke an diverse selbstverwaltete Läden mit engen Treppen und schmalen Gängen, in denen das alles nicht so einfach ist. Das „Problem“ bei Freiräumen ist ja meist, dass sie dort entstehen, wo sie irgendwie geduldet werden. Wenn ich in Stuttgart ans Lilo Herrmann oder damals ans Revier denke, hätte das mit Rollstuhlfahrer:innen dort nur durch das Anpacken der dort anwesenden Menschen funktioniert. Die Frage ist halt, ob körperlich beeinträchtigte Menschen dort dann überhaupt hingehen.
Ableismus ist natürlich auch deshalb ein Thema, weil Hesse Sonderpädagoge ist und ich psychisch kranke Menschen betreue. Gut, Manu hatte nur mal eine altersschwache Katze und bei Torge weiß man eigentlich nie, was er so treibt, aber natürlich ist das ein Thema, das uns ohnehin umgibt. Ich verfolge immer sehr interessiert deine Kolumne zu dem Thema beim Vinyl-Keks. Denn ich persönlich habe mir zu dem Thema speziell in Bezug auf die Musikszene bislang selbst nicht allzu viele Gedanken gemacht. Dabei ist es ein wichtiges Thema und es wäre schön, wenn ein Bewusstsein dafür geschaffen würde.
Zum Schluss würde ich mir noch eine persönliche Mixtape Playlist mit dem Thema “Unity in Diversity” wünschen (Genre lasse ich mal offen…)
Hui, da hau ich mal spontan in die Runde, was mir dazu einfällt. Bevor ich mich dabei noch darin verliere, welcher Song am besten passen würde (und das kann ich gut), belasse ich es mal bei den Bands, die da für mich vertreten sein müssten. Und natürlich ist mir bewusst, dass ich morgen x-mal darüber nachdenke, was ich jetzt alles vergessen habe. Aber fürs Erste: G.L.O.S.S., Schrottgrenze, Deutsche Laichen, Against Me, Mina Caputo, Lipkick, Kenny Kenny Oh Oh, Girlschool, The Baboon Show, The Runaways, Plasmatics und Bad Cop/Bad Cop. Ja, komm, und Uriah Heep.
…Du hast Roxette vergessen 😉 Super, vielen Dank Dir für das unterhaltsame Interview!
Zu hören gibt’s die bisherigen Veröffentlichungen von Planet Watson auf ihrer Bandcampseite.