Da gibt’s kein Wenn und Aber, Post-Punk ist die Musik der Stunde. Und das schon seit Jahren. Warum also nicht auf den bestens rollenden Zug aufspringen, wenn er doch eh gerade in Berlin unterwegs ist? Liiek machen genau das mit “Deep Pore” schon zum zweiten Mal. Jedoch, um nicht auf den falschen und grauen Waggon des schier nicht enden wollenden Zuges aufzuspringen, sondern um den schillernden und bunten, aus der Post-Punk-Masse hervorstechenden zu erwischen, muss man kreativ und eigensinnig sein. Liiek schaffen das. Sogar mit den genretypisch limitiert zur Verfügung stehenden Mitteln.
Das Trio mit Denes Bieberich an Gitarre und Gesang, Oskar Militzer am Bass und der auch bei Aus beschäftigten Drummerin Anne Sophie Lohmann hält auf “Deep Pore” ein paar kleine, aber feine Überraschungen parat, die hängen bleiben und anhand derer man auch in ein paar Jahren noch zu solchen Sprüchen greifen wird, wie: “Liiek? Ach ja, das waren doch die mit den…” So oder so ähnlich läuft das doch in unserer schnelllebigen Zeit. Machen wir uns doch nichts vor. Ja, aber was genau kommt denn jetzt da anstatt Punkt Punkt Punkt?
Überraschung Nr. 1: die wie aus dem Off eingeblendeten Bongos in “Constructed”. Super Idee und in diesem Genre so noch nie gehört, verleihen sie dem Song eine gar funky Note. Kommt echt gut und ist der hörbare Beweis dafür, dass auch eher düster angehauchte Musik eine Priese Humor und Lebendigkeit gut vertragen kann. Überraschung Nr. 2: die ebenfalls unverhofft und plötzlich aufploppende Anspielung auf den Dead Kennedys-Smasher “California Über Alles” im Titeltrack “Deep Pore”. Egal ob bewusst oder unbewusst so gemacht, oder ob gar nur meine Ohren hören, was sie hören wollen, das Überraschungsmoment kommt so überraschend, dass ich um ein perplexes Schmunzeln nicht drum rum komme. Und wie war das eben mit dem Humor im Post-Punk?
Da gibt’s dann auch noch mehr zu entdecken, für euch allerdings nur, wenn ihr euch “Deep Pore” – übrigens auf Adagio 830 erschienen – selber zulegt, denn ich verrate hier und jetzt gar nichts mehr. Na ja gut, abgesehen von weiteren songwriterischen Raffinessen sollte ich vielleicht schon noch ein paar Worte zu Sound und Referenzen verlieren. Soundtechnisch stechen Liiek tatsächlich nicht sonderlich aus dem genreüblichen Mix heraus. Ist aber auch okay so, dient der Sound doch auch als ein Post-Punk- interner roter Faden. Da haben wir den hölzernen Bass, die furztrockenen Drums und die Gitarre, die sich so vehement dagegen wert, nach dem ikonischsten aller Rockinstrumente klingen zu wollen. Understatement statt Rockstartum eben.
Trotzdem sorgt gerade die Gitarre für die Eigenständigkeit der Musik von Liiek. Ihre Melodien sorgen für Assoziationen zu The Cure, über Joy Division, bis hin zu Bloc Party und The Gossip. Die üblichen Post-Punker gar nicht erst mitgezählt. Und dank Ideenreichtum und künstlerisch wertvoller Färbung fühlt man sich wieder daran erinnert, dass sogar David Bowie eine Zeit lang ein Einwohner Berlins war. In fast schon wahnwitzigem Kontrast dazu fühlt man sich auch an die Machart frühen Deutschpunks erinnert, würden Liiek denn auch auf Deutsch und nicht auf Englisch singen. Ihr seht schon, Liiek bieten alles, nur keinen Einheitsbrei. Wer also denkt, er/sie habe schon alle Waggons des Post-Punk-Zugs durchgezählt, mag mit “Deep Pore” doch noch eines besseren belehrt werden können. Üüüberraschung!!
Bezüglich der Optik gilt es vor allem das Label zu loben. Dieses ist in seiner Machart an diese Standardlabels aus den 70ern angelehnt. Schlicht, aber legendär. Auf dem Cover ist dem Zebramuster etwas Farbe beigemischt. Aber ja nicht zu viel, ist ja schließlich Post-Punk. Sticht für meinen Geschmack nicht sonderlich hervor, will und soll es vermutlich aber auch nicht. Infos gibt es quasi keine, aber auch das ist wohl Absicht. Ganz nett dagegen die beiliegende Karte mit kurzer, jedoch prägnanter Message. Diese bleibt aber eine… Üüüberraschung! (Oder ihr schaut euch die nachfolgenden Bilder an, zwinker!). Zu haben ist das Liiek‘sche Überraschungspaket direkt bei der Band, oder bei Adagio 830.