2023 ist gerade mal zwei zarte Monatchen alt und schon jetzt haben wir zwei Platten des Jahres. Eben noch die famosen Bikini Beach auf dem Teller gehabt, liegt schon wieder der nächste Kracher vor. Wenn das so weitergeht, lasst mich mal kurz rechnen… ratter, ratter, hirn, hirn… na klar! Werte Kolleg*Innen, dann müssen wir unsere alljährliche Rubrik am Jahresende heuer die zwölf Platten des Jahres nennen – und eben auch entsprechend handhaben.
So. Mein Intro ist rum, genauso wie das auf „In Between Borderlines“, dem Debütalbum von Ramkot nach zwei bisher veröffentlichten EPs („Ramkot“ 2019 und „What Exactly Are You Looking For“ 2021). Klingen so die Bullensirenen in Belgien? Weiß nicht mehr, lang nicht mehr dort gewesen. Wobei in dem eigentlich doch recht ruhigen und beschaulichen Gent doch eh kaum Polente mit Gebrüll unterwegs sein muss, oder? Anders aber das Trio aus eben jenem Gent, das hier losschmettert, als gäbe es kein Morgen mehr. „Don’t Drop Down“ ist ein futuristisch anmutendes Riffmonster, das mich irgendwie an eine Mischung aus den Deftones und Project Pitchfork erinnert und so auch auf dem „Matrix“-Soundtrack hätte sein können. Ja, manch eine*r mag sich heutzutage etwas schämen für den Musikgeschmack von damals. Ich nicht. Ich mag den Soundtrack noch immer!
Fettes Brett gleich zu Beginn und ich bin voll da. Danach wird’s irgendwie… ja anders halt. „Exactly What You Wanted“ bietet zwar ähnlich brachiale und tiefer gestimmte Gitarren, kommt aber viel lockerflockiger ums Eck. Die Vocals gehen so bisschen Richtung Queens Of The Stone Age in deren poppigen Momenten und das Ding ist ein mega Earcatcher.
In Folge wird’s etwas geordneter. Ramkot scheinen sich eingegroovt zu haben und bieten ihren eigenwilligen Mix aus Alternative Rock, brachialer Gitarrenaction, lässigem Neo-Garagensound à la The Subways oder The Libertines und diesem modernen Mod-Sound wie ihn z.B. The Strypes spielen. Auch ihre Landsleute von Soulwax schimmern hier und da durch. Zuckerbrot und Peitsche auf einer Scheibe. Geile Mischung, so wirklich noch nie gehört. Und das will was heißen, in diesem jungen 2023, wo nach 275 Jahren Rockmusik doch irgendwie schon alles mal da war?!
Und am Ende dann „One More“, das uns wieder an den Anfang bringt mit seinem nach Industrial Rock klingenden hart geblockten Riff. Fett Alter! Wenn’s nicht so spät wär, würde ich ja voll aufreißen. Wobei, die Nachbarn sind gerade eh nicht da. Edinburgh. Geile Stadt. Trotzdem, wären sie doch besser mal nach Gent gefahren. Nur so halt.
Ja, das Ende halt. Das kommt dann doch irgendwie viel zu schnell. Und das ist auch der einzige Wermutstropfen, den man Ramkot vorhalten könnte. Gefühlt ist „In Between Borderlines“ mit seinen acht Songs mit Spielzeiten zwischen 2:20 und 4:26 nämlich eher eine lange EP, denn ein kurzes Album. Aber was soll’s. Dann halt nochmal von vorne. Lohnt sich! Hammer Album für ROCKmusikfans. Punkt.
Ach nee, doch noch einen Wermutstropfen mehr gefunden. Das Artwork mit seinen drei bunten Streifen spricht mich jetzt nicht so an und erinnert irgendwie an das von Pink Floyds schwächstem Werk „The Final Cut“. Und das ist ja ne doofe Assoziation, denn Ramkot sind hier alles andere, nur nicht schwach. N.E.W.S. Records bietet uns die Platte in gleich drei verschiedenen Farben an. Und dreimal dürft ihr raten in welchen. Zwinker. Wer sich nicht entscheiden kann, der/die möge doch gleich alle drei kaufen und diese wunderbare Musik mit zwei lieben Menschen teilen. Erhältlich z.B. bei JPC.