Mhhh endlich wieder was für die Seele, genau das Richtige um mich von meinem dicken Sonnenbrand, den ich aus dem Urlaub mitgebracht habe, abzulenken….
„Ein Samstag Abend irgendwann im Jahre 1974, ich parke meine Vespa in einer Seitengasse – es regnet leicht aber kalt ist es nicht. Heute soll ja wieder Mal geboten werden. In der Schlange vor dem Club im Keller stehen haufenweise Schlaghosen und über Hemden getragene Pullover. Glitzer-und Paillettenkleider, violetter Liedschatten und frisch polierte Tanzschuhe soweit das Auge reicht. Das Publikum starrt erwartungsvoll auf den schweren Samtvorhang, der die Bühne verdeckt und wackelt nervös von einem Fuß auf den anderen. Mit dem Vorhang fallen dann auch alle Hemmungen und sobald die Everettes loslegen verwandelt sich der Keller in einen einzigen schwitzenden, und sich im Rhythmus bewegenden Organismus.“
Keine Ahnung aber so hätte ich eventuell 1974 die Rezi begonnen. Es ist aber nicht 1974 sondern 2023 und ich bin auch nicht in irgendeinem Keller, sondern Zuhause im Wohnzimmer. Und da hab ich nen Plattenspieler und auf diesem liegt „Soul Steps“, das zweite Album von den Everettes. Und auch wenn man es direkt meinen könnte, ist es nicht auf Motown Records erschienen, sondern auf Waterfall Records. Das wiederum liegt daran, dass Soul Steps keine Wiederauflage einer amerikanischen 70er Jahre Soul Platte ist, sondern ein sehr heller Stern am zeitgenössischen Soul-Firmament.
Nicht nur keine Amerikaner*innen, auch noch deutsche! Also fast, ein Teil der Band kommt aus San Diego, ein anderer Teil aus Berlin. Aber hey, wir wollen hier ja jetzt keine Haare spalten oder? Und da sage Mal bitte nochmal wer, wir Deutschen hätten kein Gefühl für Rhythmus oder könnten nicht im Takt klatschen – wir brauchen einfach mehr Bands, die uns Kartoffel-Stoffel dabei etwas unter die Arme bzw. Beine greifen.
Und das tun die Everettes auf jedem der 11 Songs ihres zweiten Albums! Quasi mit Veröffentlichung des ersten Albums „The Everettes“ werden diese in Soul-Kreisen als absoluter Geheimtipp gehandelt. Mit der neuen Platte „Soul Steps“ sollten sie es dann hoffentlich aus der „geheim-Ecke“ heraus schaffen – denn was da geliefert wird ist pures Soul-Gold!
Die 11 Songs decken quasi alle Bereiche des Soul irgendwo zwischen Ende 50er bis Anfang 70er ab, von gefühlvollen Motown Balladen bis zum Bein-wipp-Garantie-Northern-Soul-Hit wird hier alles aufgefahren. Die Everettes sind nicht nur Soul-Survivors sondern Soul-Revivors! Die Vocal-Fraktion leistet erstklassige Arbeit a’la Supremes oder auch The Marvelettes und wird dabei tatkräftig von der Rhythmus-Fraktion und den Soul-Typischen (hier vor allem Saxophone) Blech-bzw. Holzblasinstrumenten unterstützt. Mehrstimmige Chöre, stimmliche Abwechslung und die Einsätze immer on Point an exakt der richtigen Stelle – da geht einfach kein Weg am Beine bewegen vorbei!
Nicht nur innen hübsch, auch außen ganz im Stile der Mod-und Soulbewegung aufgemacht, viel Schwarz/Weiß und viel gestreift. Dazu kommt die Platt im mit Texten bedruckten Inlay, damit ihr auch alle mitsingen könnt!
Wer auf Motown und Northern-Soul steht, sollte hier schnell zugreifen! Ich kann mir gut vorstellen, dass das Ding schnell weg ist. Und sollten die Everettes je in eurer Nähe spielen, geht hin und tanzt euch die Sohlen von den Schuhen! Echt jetzt, sau starkes Album. Soul-Gold halt.
Das Album gibt es im Bandeigenen Bandcamp-Shop oder auch HIER.