Das Team GRIND.
Das Wichtigste, wenn Menschen zusammenarbeiten, ist ein gemeinsames Verständnis für das Ziel, das Tun und die Gruppe. Bei der Erstellung des ersten Albums „Songs of Blood and Liberation“ war es nicht anders: das gemeinsame Entwickeln, Entscheiden und Ausführen von kreativen Ideen waren wichtige Dinge, neben dem Spaß am Musizieren mit den Jugendfreunden.
In der gesamten Zeit, in der ich GRIND begleiten durfte, fiel mir auf, wie selbstverständlich höflich und entspannt GRIND untereinander agieren. Selten wird in einen Satz eingefallen und der Sprecher unterbrochen. Auch die Sprachgeschwindigkeit verlässt selten die Geschwindigkeit der Durchfahrt Süd-dänischer Ortschaften. Es scheint eine gemeinsame Harmonie-Frequenz zu geben, auf der alle Band-Mitglieder funken.
Den Evolutionsprozess für ein neues Album verstehen GRIND nicht digital, sondern als Fluss, der von einer Quelle aus, sich in diverse Seitenarme verzweigt, mal einen Bypass entwickelt, mal als Sackgasse endet, aber mit zunehmender Länge einen mehr und mehr intensiven, anschwellenden Hauptstrom entwickelt, der mit unaufhaltsamer Energie auf sein Ziel zu fließt.
„Es wird alles gemacht! Noch mehr als bei der ersten Platte!“,
stellt Bent deutlich fest.
Dieses Bild beschreibt anschaulich die Arbeitsweise der Band. Ideen werden meist im Team kreativ erarbeitet, aber es wird jedem Mitglied Gehör geschenkt, wenn eigenen Ideen vorgetragen werden sollen. In jedem Fall, sind die kreativen Entscheidungen, Ergebnis einer gemeinsamen Bewertung und weiteren Vorgehensweise.
Selbstverständlich sind sich GRIND bewusst, dass kreative Prozesse immer von zahlreichen Einflüssen, Entscheidungen und Erwartungen geprägt sind. Da bedarf es zahlreicher Manöver, um das Boot auf dem Fluss in die richtige Richtung zu steuern. GRIND erzählen mir sehr ausführlich und im Detail über ihre Art der Abstimmung. Die gegenseitige Akzeptanz und Empathie, die Einhaltung einer Demokratie und eine Harmonie sowie Sozialkompetenz sind der Band sehr wichtig. Die musikalische Kreativität, das handwerkliche Beherrschen seines Instrumentes sowie der technischen Dinge, sind ohne Frage von hoher Bedeutung, aber GRIND könnten nicht als kreative Einheit funktionieren, wenn die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Das klingt sehr einfach, ist aber in der Realität alles andere als einfach umzusetzen. Ein hoher Grad an Disziplin und gegenseitigem Vertrauen zwischen den Mitgliedern sind die Basis dafür. Nur in einer solchen Atmosphäre, kann evolutionäre, kreative Diversität entstehen, die am Ende Garant für das beste Ergebnis ist.
Selbstverständlich spielt die gemeinsame Vergangenheit der ehemaligen Jugendfreunde und heutigen Bandmitgliedern eine sehr große Rolle – man wuchs gemeinsam in Flensburg auf. Vielleicht ist das Band der Jugend, der Schlüssel für das Funktionieren von GRIND. Auf jeden Fall ist es der Spaß an der gemeinsamen Zeit, einem gemeinsamen Hobby nachzugehen. Wohlwissend, dass die Zeit dafür immer zu wenig ist.
„Es macht einfach riesigen Spaß mit den Kumpels von früher zu spielen
und die Wochenenden zu verbringen“,
stellt Ulf fest.
Man muss sich immer vor Augen führen, dass GRIND keine professionellen Musiker sind, sondern Amateure, die im richtigen Leben Familien, Beziehungen und Berufe haben, die alle ihren Tribut fordern. Da man einen Großteil der Zeit diese Prozesse nicht in persona bestreiten kann, arbeiten GRIND diszipliniert ihre Hausaufgaben ab. Diese Disziplin und das Brennen für die gemeinsame Sache, sind neben der Jugendfreundschaft, dem Spaß weitere Terme der GRIND’schen Formel des Erfolges.
Ich gestehe mir eine wachsende Bewunderung und meinen großen Respekt für die Jungs von GRIND ein. Wer kann schon von sich sagen, dass er mit seinen Kumpels von früher noch derart intensiven Kontakt hat und darüber hinaus gemeinsame Interessen so erfolgreich verfolgt?
„Am Ende machen wir den Bass lauter, dann ist sowieso alles gut“,
berichtet Armin von seiner Art der Meinungsfindung.
Was aus so einer einfachen Regel Kreatives entspringen kann? Nun das neue Album „Grace and Misery“ wird in den nächsten Tagen beim Label 7Dregrees Records erscheinen, so dass sich jeder selbst ein Bild davon machen kann, denn ohne Frage werden sowohl die Fans der ersten Stunde, als auch neue Fans das Album lieben und feiern.
Das neue Album: Grace and Misery.
Nach der Reise von der kreativen Idee bis hin zum fertigen Produkt, sind wir schon weit den Fluss hinunter gefahren. Mir lag eine fertig abgemischte Version von „Grace and Misery“ vor, zu der ich im Folgenden meine ersten Eindrücke beschreiben möchte.
„Ich wollte gerne mehr Herzblut geben“,
beschreibt Ulf seine Arbeit.
Die ersten Sounds durchdringen meine Seele, als würden tausend Funken der Leidenschaft durch meinen Körper tanzen. Jeder Klang, jeder Ton, erweckt Emotionen in mir, die mich in eine andere Welt transportieren. Die epischen Gitarren-Teppiche schmiegen sich an die Sinne, begleitet von einem pulsierenden Bass und kraftvollen Drums. Die Atmosphäre gleicht dem wartendenden euphorisierten und erwartungsvollen Opern-Publikum, das auf das Heben des Vorhang wartet und die Magie beginnt.
Dann bricht ein Tsunami los – „Gaia“ nimmt den Hörer auf eine Reise mit, die das Innerstes berührt. Es ist, als ob das battleship GRIND Gehirn und Gehör unter Dauerfeuer nehmen und den Hörer mit dieser Energie überwältigt und mitreißt. Es folgt „Leviathan“: dieser Song ist wie ein Komet am Himmel – bedrohlich, hell und unaufhaltsam. GRIND zeigen hier ihr volles Können: das meisterhafte Songwriting, den Aufbau der Spannung, die Vielfalt der Instrumente, die sich zu einem gewaltigen Klangteppich epischer Härte vereinen – es ist atemberaubend!
Aber da ist noch „Hysteria“, mein Höhepunkt auf dem Album. Der Auftakt mit dem verstimmten Piano treibt erste Schauer über meinen Rücken, bevor die Gitarren wie donnernde Hufe von apokalyptischen Reitern durch den Raum galoppieren. Der Bass treibt die unruhige, bedrohliche Atmosphäre voran, während die explosiven Blast-Drums das Tempo kontrollieren und den Song immer wieder in neue Dimensionen jagen. Die Harmonien, die wechselnde Dynamik – „Hysteria“ es ist der funkelnde Diamant, dessen Facetten ich immer wieder entdecken möchte.
Dieses Album ist mehr als nur Musik – es ist eine epische, emotionale Fahrt mit dem Rollercoaster, die mich mitreißt, begeistert und verzaubert. GRIND haben etwas geschaffen, das weit über das Gewöhnliche hinausgeht – es ist pure Magie, eingefangen in Tönen und Klängen, die für immer begleiten.
„Das Songwriting ist noch facettenreicher geworden“,
vergleicht Bent die beiden Alben.
Hinten kackt die Ente.
Natürlich stellt sich am Ende die Frage, was nimmt man mit in die Nacht? Was bleibt hängen und wie geht es weiter? GRIND reflektieren sich und den Prozess da völlig nüchtern – Nordisch bei Nature eben.
Meine Frage nach der Entwicklung, den Lessons Learned zwischen den beiden Alben, wird in erster Linie mit der deutlich gesteigerten Reife der Band beantwortet. Diese Reife wird primär an der Tatsache festgemacht, dass man sich insgesamt mehr Zeit für den gesamten Prozess genommen und die gemeinsame Konzilianz für die Sache. Es gibt eine Ruhe, die im Prozeß dafür sorgt, sich nicht treiben zu lassen und nicht zwingend den ersten Take zu nehmen.
„Tatsächlich ist der Commitment bei dem Album höher als beim ersten Album“,
reflektiert Armin.
Dazu kommt die Offenheit für musikalische Einflüsse, die es schon auf dem ersten Album „Songs of Blood and Liberation“ gegeben hat, die weiter gesteigert wird und für diese sprudelnden kreativen Ideen sorgt. Ulf unterstreicht diesen Punkt und ergänzt, dass alle Mitglieder der Band, für viele Musikstile offen sind, was sich in dieser Zusammenarbeit widerspiegelt. (Als Beweis dafür dient das jährliche Best-Of-the-Year der Band auf Spotify.)
Selbstverständlich ist die DNA von „Grace and Misery“ Grindcore-Metal: hart und Gitarren lastig, aber die Offenheit für musikalische Stile ist definitiv zu hören. Was Songs, Effekte, Sounds und Arrangements angeht, waren GRIND sehr frei und wollten sich nicht in feinster Weise einschränken lassen. Wer dem kommenden Album genau zuhört, wird erstaunt feststellen, wie viele kleine Stil-Andeutungen zu entdecken sind. Selbst vor Country wurde nicht haltgemacht.
„GRIND sind eine sehr spezielle Band, was Sozialkompetenz, Disziplin, Freude und musikalischem Diskurs angeht.
Hier ist die Summe der Einzelnen immer deutlich mehr als das Ganze.
Vieles machen GRIND anders, vielleicht besser als andere Bands.
In jedem Fall aber erfolgreich in ihrem Kontext.“,
Lagartija Nick.