Ich komme vom Land und mein Opa war Metzgermeister. Auch wenn sich die gute Landluft zwar schon mit mir, seine Berufswahl aber nicht unbedingt mit meinen Essgewohnheiten vereinbaren lässt, so denke ich, habe ich doch schon so einiges gesehen. Dennoch dreht sich mir vermeintlich hartgesottenem Typen beim Anblick des Covers von “Apex Predator – Easy Meat”, dem 15. Studioalbum der Grindcore-Urväter Napalm Death, fast der Magen rum. Menschliche Innereien und Gliedmaßen in einer metzgerüblichen Aluschale verpackt und mit der Aufschrift “Tenderised Chunks Of A Weakling” – zu deutsch also in etwa: “zarte Brocken eines Schwächlings” – versehen. Meinen angewiderten Kommentar kommentiert meine trotz metzgerloser Verwandtschaft scheinbar hartgesottenere Partnerin mit den lakonischen Worten: “Wenn jemand vor der Fleischertheke steht, sieht er doch auch nichts anderes.”
Ja, im Prinzip hat sie recht und außerdem ist die Thematik des Albums durch diese Bildgewalt ja auch ideal eingefangen. Und außerdem ist es immer noch ein Napalm Death-Album. Da darf ja wohl auch visuell etwas auf den Putz gehauen werden, oder? Zum Inhalt: die meisten Texte der 14 Soundgranaten seien als Reaktion auf den Einsturz einer Näherei in Bangladesh, bei dem weit über 1000 Menschen ums Leben kamen und doppelt so viele verletzt wurden, geschrieben worden. Ihr erinnert euch? Nein? Seht ihr, genau das ist das Problem, das Napalm Death damit auch hatten. Laut Sänger Barney Greenway erhielten und erhalten Vorfälle wie dieser viel zu wenig Aufmerksamkeit. Oder mit anderen Worten: Kapitalismus geht über Leichen. “Apex Predator – Easy Meat” eben. Erneut ein starkes Statement von Napalm Death.
Stark auch der musikalische Inhalt und sicherlich haben Supreme Chaos Records aus Ibbenbüren sich auch deshalb dazu entschieden, neben einer kleinen Reihe anderer Napalm Death-Kracher speziell dieses Album als ultralimitierten Rerelease zu veröffentlichen. Nach einem epochalen, choralen, fast nicht enden wollenden und dennoch hörbaren, als Song getarntem Intro, dem Titelsong, geht es auch schon in gewohnter Manier los. Napalm Death zeigen sich in Bestform und haben dabei trotz viel altbewährtem auch ein paar Besonderheiten zu bieten.
Besonders erwähnenswert finde ich auf diesem Album im Vergleich zu seinen fast unzähligen Brüdern das ausgeklügelte und technisch sehr anspruchsvolle Riffing, das in Songs wie z.B. “Metaphorically Screw You”, das im Groove ein wenig an Pantera denken lässt, oder “How The Years Condemn” – Sepulturas “Arise” lässt grüßen – gipfelt. Überhaupt viel Metal drauf hier, aber halt auch immer noch Napalm Death drin. Und dann noch der hier, “Bloodless Coup”. Ein fast lupenreiner, halt schon arg harter Punksong. Steht “Apex Predator – Easy Meat” genau so gut wie der restliche Inhalt und für mich persönlich ist dieser ursprünglich 2015 veröffentlichte Release schon mit das Beste, was Napalm Death in ihrer langen Karriere auf den Markt geballert haben.
Deshalb unbedingt zugreifen, am besten bei Supreme Chaos Records selbst, zumal das Label auch noch ein paar nette, wenn auch nicht gerade kindgerechte Gimmicks wie ein Poster und das vierseitige Booklet dazu gepackt hat. Verschiedene Farbvarianten gibt’s ohnehin, aber gell, ist halt schon krass limitiert. Ärgert euch also bitte nicht, wenn ihr nachher leer ausgeht. Beim Metzger an der Käsetheke sind die wirklich guten Sachen schließlich auch irgendwann vergriffen. In diesem Sinne: Guten Appetit!