Mit ihrem dritten Album „Pygmalion“, das zwei Jahre nach „Souvlaki“ im Jahre 1995 erschien, schlugen Slowdive einen völlig neuen musikalischen Weg ein. Nach dem Erfolg des Shoegaze-Meilensteins „Souvlaki“ wandte sich die Band von den typischen Gitarrenwänden ab und tauchte in eine experimentelle, elektronische Klangwelt ein. „Pygmalion“ ist ein ruhiges, fast traumhaftes Album, das sich durch langsame Rhythmen, minimalistische Strukturen und eine sehr atmosphärische Stimmung auszeichnet.
Schon der erste Song „Rutti“ zeigt diese neue Richtung: Statt dichtem Gitarrensound hören wir sich wiederholende elektronische Klänge, zurückhaltenden Gesang und eine insgesamt sehr reduzierte Komposition. Die Musik wirkt fast meditativ und schafft Raum zum Nachdenken. Gitarren sind zwar noch vorhanden, treten aber in den Hintergrund – wichtiger sind nun elektronische Elemente, Loops und Effekte.
Songs wie „Blue Skied an’ Clear“ und „Miranda“ entfalten sich langsam, fast schwebend. Die Stimmen klingen fern und zurückhaltend, was eine gewisse Distanz erzeugt – fast so, als würde man durch einen Nebel lauschen. Das Album verzichtet bewusst auf klassische Songstrukturen oder eingängige Refrains. Stattdessen lädt es die Hörer*Innen ein, sich von Klangflächen tragen zu lassen.
Ein besonders elektronischer Moment ist „Visions of LA“. Der Song erinnert an Ambient-Musik und erzeugt mit digitalen Effekten und fließenden Melodien eine träumerische, fast tranceartige Stimmung. Dabei bleibt die melancholische Grundstimmung erhalten, für die Slowdive bekannt ist – nur wirkt sie hier abstrakter und tiefgründiger als je zuvor.
„Pygmalion“ kann beim ersten Hören verwirrend oder ungewohnt wirken. Es gibt keine schnellen Höhepunkte, keine offensichtlichen Hits. Doch genau darin liegt der Reiz dieses Albums: Es entfaltet seine Schönheit langsam und fordert die volle Aufmerksamkeit der Zuhörenden. Es ist eine introspektive Reise – mehr Klangkunst als klassische Popmusik. Für mich persönlich ist es von den drei Alben das schlechteste, ich habe dem Album aber bisher wohl auch nicht die Zeit und den Raum gegeben sich zu präsentieren. Je öfter ich es höre, umso mehr mag ich es nicht. Musikalisch betrachtet war es definitiv ein mutiger Schritt. Slowdive entfernten sich von ihrem ursprünglichen Sound und näherten sich Ambient, Electronica und minimalistischen Strukturen an.
Das Album wurde zunächst wenig verstanden, gilt heute in weiten Teilen der Musikszene aber als visionär und hat viele spätere Künstler*Innen beeinflusst, die sich mit experimenteller und atmosphärischer Musik beschäftigen.
„Pygmalion“ ist radikal, aber leise und es berührt. Slowdive waren mutig sich aus ihrem Kokon und dem Erfolg zu schälen, neue Wege zu gehen und gleichzeitig für viele einen Geheimtipp zu produzieren.
Wer „Pygmalion“ öfter gehört hat, als ich es vermutlich tun werde, und die Rille die bereits seit 1995 im Besitz vieler bestehende Platte durchgerockt hat, dem sei wärmstens ein Repress ans Herz gelegt. Zu erwerben ist es über den folgenden Link:
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!


