AGE O.P.F -Plädoyer für Reduktion, Widerstand und analoge Magie
AGE O.P.F ist ein Phantom. Und genau darin liegt der Zauber. AGE O.P.F ist kein Produkt der Gegenwart – sondern ein Gegenentwurf. Und das konsequent: in Sound, Auftritt und Philosophie.
Die neue 7-Inch-Single „Aufstehen“ ist Minimal Wave in Reinform – und dabei doch so viel mehr als Retro-Romantik. Hier verschmelzen DIY-Ethos, radikale Reduktion und eine klangliche Handschrift, die sich der Zeit entzieht und gleichzeitig tief in ihr verwurzelt ist. Kein Wunder, dass die Platte auf Nancy Records erscheint – einem Sub-Label von Kernkrach, das bekannt dafür ist, Nischenkünstlern aus dem analogen Schatten ins matte Scheinwerferlicht der Szene zu holen.
A-Seite: Aufstehen
„Sprich deine Meinung ganz frei, wähle dein Weg dabei, geh hinaus und kämpfe“ – selten wurde Widerstand so kühl verpackt. „Aufstehen“ ist ein Manifest des Andersseins. Der Track baut sich mit einer hypnotischen Synth-Line auf, die sich irgendwo zwischen Sehnsucht und Bedrohung bewegt. Darüber liegt eine Stimme, die sich mehr durchsetzt als anbiedert – nüchtern, fast roboterhaft, und doch voller Emotionen. Die rohe Produktion, die augenscheinlich mit minimalem Equipment entstand, lässt nichts vermissen. Im Gegenteil: Sie verstärkt den Druck, der sich unweigerlich aufbaut.
Der Track klingt wie ein Maschinenherz mit Punk-Seele – und passt damit perfekt in die düsteren Clubs, in denen das Licht nur als Stroboskop existiert.
B-Seite: Don’t need me
Während „Aufstehen„ fordernd und kämpferisch ist, schwebt „Don’t need me„ wie ein melancholischer Nebel durch den Raum. Ein Sci-Fi-artiger Soundeffekt öffnet das Portal, bevor warme Synth-Flächen übernehmen, die sich anfühlen wie der analoge Atem eines kaputten Androiden. Der Track ist eine Hommage an die frühen 80er: Fans von Depeche Mode, Blancmange oder The Human League werden sofort andocken.
Der verhallte Gesang wiederholt mantra-artig den Titel – keine Klage, kein Flehen, eher ein nüchternes Statement. AGE O.P.F liefern hier keinen billigen Nostalgie-Trip, sondern ein emotional durchgefiltertes Klangbild, das nach Innen statt nach Außen geht.
Vinyl statt Algorithmus
In Zeiten, in denen Musik in Playlists zerrieben und im Hintergrundrauschen des Alltags untergeht, ist die 7-Inch ein Statement. Klein, fokussiert, kompromisslos. „Aufstehen„ macht das Format zur Bühne – mit allem, was dazugehört: ein ausdrucksstarkes Schwarz-Weiß-Artwork (vielleicht ein zerstörter Roboterkopf im Gras? vielleicht die Nachwehen eines Aufstands?), zwei Songs, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und ein Presswerk-Limit, das Sammler nervös werden lässt.
Die Edition: 150 Exemplare. Davon 50 in grünem Vinyl mit weißem Sleeve, 100 in klassischem Schwarz mit grünem Cover. Dazu ein exklusives Künstlerfoto – monochrom, natürlich.
AGE O.P.F – Mythos statt Marketing
Mark Hopf, der Mann hinter AGE O.P.F, bleibt ein Mysterium. Das Duo – bestehend aus kraM (Musik, Texte, Gesang) und daP I. (Ressourcen) – veröffentlicht seit 2017 Musik, meist abseits der Labelwelt. Die Entscheidung für Nancy Records ist damit nicht nur strategisch klug, sondern auch ein Bekenntnis zur Szene.
Denn Minimal Wave ist mehr als nur ein Genre. Es ist Haltung, Konzept, Kultur. Es geht nicht um Charts, nicht um Clicks – es geht um Kunst, Klang und Kontrolle. Und genau das liefert AGE O.P.F mit Aufstehen.

Fazit:
AGE O.P.F bringt mit Aufstehen alles auf den Punkt, was Minimal Wave im Kern ausmacht: kühle Emotion, analoge Ästhetik und subversive Klarheit. Diese Single ist keine Einladung, sondern eine Herausforderung. Wer sie annimmt, wird belohnt – mit einem der intimsten Hörerlebnisse der Saison.
Ein Muss für alle, die in der Reduktion mehr sehen als Verzicht. Und für jene, die in der Stille das Lauteste hören.
“You can believe everything that is on the Internet,
it is the Source of Truth.”
– Friedrich Nietzsche
(Backcover-Zitat von AGE O.P.F – ironisch genug, um ernst genommen zu werden