So, Weihnachten ist rum. Ging ganz gut dieses Jahr auch, oder gerade weil es nicht mit den üblichen hunderten von Kilometern auf der Autobahn verbunden war, sondern vielmehr ruhig und (zwangsweise) überschaubar über die Bühne ging. Und dann kommt man heim und siehe da: weil es dieses Jahr so ganz anders schön war, wird mein ganz persönliches Weihnachten doch glatt verlängert. der Weihnachtspostmann hat mir nämlich während meiner Abwesenheit eine LP vorbei gebracht. Ein gar ganz tolles Geschenk! Obwohl es eigentlich immer gleich aussieht, wird’s doch nie langweilig. Den Geschenkkarton also achtlos wie ein kleines Kind aufgerissen und neugierig wie Bolle, was da wohl drin sein wird. Wow, “High And Dry” der Hamburger Psych-Rocker Black Mantra. Dieses Geschenk ist dem Absender La Pochette Surprise Records mal so richtig gelungen, hab ich doch damit, ehrlich gesagt, mal so gar nicht mit gerechnet.
Dann los, testen wir das Geschenk gleich an. Hoffentlich gefällt’s. Ist nämlich vom Umtausch ausgeschlossen. Der Titelsong “High And Dry” legt ohne große Umschweife los und klingt ziemlich britpoppig, etwa wie The Verve. Gefällt mir gut, hätte ich aber so nicht erwartet. Aber dann, ein paar Takte später fühle ich mich schon eher dort, wohin mich das vom Label beigelegte Beiblatt hinlocken wollte. Sphärische und mit viel Hall versetzte Gitarren entführen mich in den psychedelischen Teil der Musik von Blackbird Mantra. Trotzdem eher Psych-Pop als Psych-Rock und schnell wird klar, worin die Genialität der Band liegt.
Sie schafft es mit wenigen, unaufgeregt vorgetragenen Tönen und Arrangements fesselnde Songs vorzutragen. Gefällt mir gut und passt ideal zum etwas verschrobenen und etwas melancholischen Zeitpunkt zwischen den Jahren. Und mir dämmert, dass es irgendwie doch kein Zufall sein kann, dass die Platte gerade jetzt ins Haus geflattert kam. Gebt’s doch zu, ihr Lieben von La Pochette Surprise Records, das habt ihr doch von langer Hand geplant?!
Falls ja: genialer Schachzug, falls nein: trotzdem gelungen. Auch sehr gelungen: das perfekte Zusammenspiel von Gitarre und Keys. Das sticht immer wieder besonders ins Gehör und etabliert sich recht schnell als charakteristisches Merkmal von Blackbird Mantra. Ich muss unwillkürlich an ihre Kollegen The Magnificient Brotherhood aus Berlin denken. Ähnliche Musik, ähnlich genial gespielt und wohl auch leider ähnlich unbekannt. Das sollte sich in beiden Fällen zwar dringend ändern, tatsächlich traue ich es Blackbird Mantra aber eher zu. Denn wo sich die Berliner noch zu sehr am Sound der 70er verbeißen, gelingt es Blackbird Mantra, ihre Variante psychedelisch angehauchter Gitarrenmusik in die Neuzeit zu übertragen.
Das mag für Psych-Puristen womöglich ein Frevel sein, ich wiederum finde es spannend und mutig zugleich und es macht Blackbird Mantra irgendwie sympathischer und eingängiger. Die Verwandtschaft ist aber immer noch da. Ist ja schließlich auch noch Weihnachten?! Wer auf Krautrock Bands à la Eloy steht, auf Motorpsycho in etwa zu Zeiten ihres Albums “Phanerothyme” abfährt oder sich irgendwo dazwischen befindet, auch nichts gegen dezente Surfanleihen einzuwenden und sich nicht nur zur Abifeier Pink Floyd reingepfiffen hat – und vor allem auch deren cleane Gitarrensounds mag, der sollte sich noch schnellstens “High And Dry” von Blackbird Mantra unter den Weihnachtsbaum legen, bevor dieser dem IKEA – Regal weichen muss.
Das schöne Stück kommt auf mint-transparentem Vinyl, verpackt in einem Artwork, das zwar auf der psychedelischen Schiene fahren kann, durch seinen kindlichen Charme aber auch eine gewisse Leichtigkeit versprüht. Will damit sagen: Musik und Artwork sind perfekt aufeinander abgestimmt. Download – Code ja, Inlay leider nein, weshalb ich hier nun keine gewagten Thesen über den textlichen Inhalt aufstellen mag. Tendenziell aber mehr schöne Winterplatte, die aber auch in FlipFlops und Badehose funktionieren könnte. Das werde ich dann noch für euch testen.
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