Was tun, wenn zwei Platten, auf die man schon sehnsüchtig gewartet hat, zeitgleich und in einem Paket ankommen? Welche zu erst hören, über welche zuerst schreiben? Bevor ich mich in Abwägungen und Zerrissenheit vertüddel, kann nur einer helfen. Der Würfel. Also grade Zahl Burkini Beach, ungerade Zahl Sir Simon. Es liegt die Sechs oben, also Burkini Beach. Und das passt ja auch ganz gut, denn sechs von sechs Punkten würde ich dem Album geben, würden wir Punkte dieser Art vergeben. Tun wir zum Glück nicht, denn Punkte sind ja in etwa so aussagekräftig wie Schulnoten.
Burkini Beach. Das letzte Album „Supersadness Intl.“, welches auch das Debüt-Album war, erschien 2017 und ist vermutlich eines der Alben, die ich in den letzten vier Jahren am häufigsten gehört habe. Einfach, weil man es immer hören kann. Da könnte man jetzt Beliebigkeit vermuten, ist aber Quatsch, ist einfach gute Musik. Und sogar Freund:innen mit einem völlig konträren Musikgeschmack, die häufig schon mal die Nase rümpfen, bei dem was aus meinen Boxen kommt, sagen nichts gegen Burkini Beach. Sollten sie sich mal trauen…
Da stellt sich jetzt natürlich die Frage, ob „Best Western“ an seinen Vorgänger anknüpfen kann. So wie vorweg: Ja, das kann die Platte auf jeden Fall.
Der erste Track “The Same Procedure” spricht mit den ersten drei Worten aus, worauf wir alle (ich schließe einfach mal von mir auf andere) sehsüchtig gewartet haben “Hallo, I’m Back” um dann in schönster Melancholie zu beschreiben, was auf den morgendlichen vor-dem-ersten-Kaffee-Zustand genauso zutrifft wie auf jeden anderen Moment, nach einem endlich wieder Aufrappeln. Was mit den nächsten Songs folgt, ist eine Bestandsaufnahme des modernen Seins, mit all seinen Errungenschaften, Vorzügen und Absurditäten, die sanft und humorvoll zersungen und wieder zusammen gesetzt werden, wo Virtuelles mit der Realität verschmelzen und verschwimmt. Zu hören mal in zarter Romantik wie “Best Western” (“Franz Kafka was a cityplaner”, schon über diese Zeile könnt man Tagelang nachdenken, oder sie auch einfach so stehen lassen und sich daran erfreuen) oder im letzten Track der ersten Seite “Virtual Reality”, mit ein bisschen mehr Tempo und eingängigen Percussions. Und auch “Life Might Be A Deep Fake” reiht sich hier ein, wobei mir dieser in den ersten Tönen zu schunkelig ist. Als ob man dazu auch im Viervierteltakt Quadrate aufs Paket zeichnen könnte. Also ich nicht, ich habe davon keinen Ahnung, weshalb ich mir vielleicht gar nicht anmaßen sollte, diese Zeilen zu schreiben. Jetzt stehen sie aber nun mal da. Was aber ganz hervorragend an diesem Song ist, ist diese völlig unerwartete Trompete. Ich liebe diese Trompete. Und ein Song, für den Sven Regener Trompete einspielt, kann ja nun eigentlich kein Schlechter sein. Und ein Song, der so ambivalente Resonanz verursacht eigentlich auch nicht. Außerdem kann man sich im “Schunkel-Teil” ja auch einfach auf den Text konzentrieren. Das lohnt sich nicht nur bei diesem Song.
Auch die zweite Seite ist vollgepackt mit schönster, warmherziger Wohlfühlmelancholie, ein Spaziergang durch den trüben November mit genau dieser Art von “Sad Songs” auf den Ohren. Den Rand der Verzweiflung zwar in Sichtweite, aber Hoffnung und Fatalismus als Leitplanken, wo Komposition wie ein Leuchtstreifen den Weg noch sichtbarer macht. Hier auf jeden Fall mal in “Load-Out” reinhören, ein gelungenes Cover von Jackson Browns Song.
Das Album schließt mit “Not Coming Home”. Ein Song, der ebenfalls auf dem Sir Simon Album „Repeat until Funny“ als letzter Track zu finden ist (hier geht es zur Review), und das hat natürlich seine Gründe. Denn produziert hat „Best Wester“ Simon Frontzek (Sir Simon) und dessen Platte wurde von Rudi Maier (Burkini Beach) produziert. Gemeinsam an beiden Alben geschraubt, gemeinsam released, gemeinsam ein paar Konzerte gespielt ist es natürlich logisch, dass sie auch einen gemeinsamen Song aufgenommen haben, der auf beiden Platten zu finden ist. Und das einzig Schlechte ist, dass dieser Song uns signalisiert, dass diese Platte vorbei ist, wo man doch einfach gerne weiter hören möchte.
Also wer es auch mal gerne etwas leiser mag, der sollte sich das Album auf jeden Fall zu legen. Der physische Tonträger ist als schwarzes Vinyl beim Grand Hotel van Cleef erschienen.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |