Als Erstes fällt mir ein tolles Cover auf, das einen Hinterhof zeigt, der anscheinend irgendwo im Süden ist, da man Palmen im Hintergrund sieht. Ein tolles Foto, wie ich finde, was viel Platz für eigene Gedanken zulässt und man erwartet, das im nächsten Moment irgendeine Geschichte anfängt. Sozusagen die erste Kamera-Einstellung für einen tollen Film. Daneben gibt es ein herrlich gelbes Vinyl, zu dieser auf 500 handnummerierte, limitierten Ausgabe.
Alles schon mal Pluspunkte, ohne dass ich einen Ton gehört habe. In der Tat spüre ich eine gewisse Vorfreude nun auch den akustischen Test zu machen. Ich kenne Casino Blackout nicht und so erfahre ich, dass es sich um eine Band aus dem Süden der Republik handelt. Glaubt man dem Text auf der Homepage, so war die Band schon häufig mit zahlreichen Hürden konfrontiert. Beeinflusst von einer chaotischen Weltlage hat die Band aus eigener Kraft immer wieder Wege gefunden, aus allen Sümpfen des Lebens herauszukommen.
Das Quartett aus Füssen legt im Opener “Im Dreck” dann auch gut los. Man verzichtet auf alles an möglichen Introgeplänkel, sondern stürzt sich schnell in einen sehr eingängigen Refrain.
“Ja ich kenn all deine Narben,
Details tausend mal skizziert,
ja ich kenn all deine Narben,
hab sie dir selber zugefügt.
Du kennst mein Innerstes,
oder was du dafür hälst,
bist auch ein Teil davon,
dieser kaputten Welt.”
Auch in „Anti Ich“ – einem Feature mit Ghøstkid – geht es etwas heftiger zur Sache. Gerade die Kombination aus den wütend geschrienen Strophen und den ohrwurm-tauglichen Refrain kann überzeugen. In klassischen zwei Minuten ist die Story durch – mehr braucht es aber auch nicht.
Leider verlassen Casino Blackout dann diese aggressive Linie, die ihnen gut steht, und wenden sich eher ruhigerem Fahrwasser zu. Das Barometer steht deutlich auf Pop – Songs wie „Für mich nicht“ oder „Wo es wehtut“ sind musikalisch in Ordnung und wissen zu gefallen, aber textlich wird es austauschbar. Hier werden Phrasen gedroschen, was zu Lasten von wirklichem Tiefgang und einer Botschaft geht.
Dabei sticht ein Song wie „Nichts wird gut“ durchaus positiv aus der Masse hervor. Der melancholisch daherkommende Titelsong “Hinterhof Poesie” zeigt besonders in den Strophen viele gute Ansätze, doch auch hier fehlt gerade im Refrain der Druck, um die gesamte Energie zu entfalten. Am Albumende wird es dann noch mal ruhiger und es geht wieder in Richtung Pop. „Zwischenzeit“ und „Durch den Tisch“ bringen noch einmal ansprechende Melodien und auch die Texte steigern sich.
Musikalisch erinnern mich Casino Blackout an die Rogers oder die Donots. Und immer, wenn sich Casino Blackout von ihrer harten, aggressiven Seite zeigen, liebe ich sie. “Hinterhof Poesie” wird auf den 30 Minuten nie langweilig, aber es bleibt nicht wirklich im Ohr. Ein paar sehr gut Songs, dazu dieser Wechsel zwischen Punk Rock und Pop macht das Gesamtergebnis ein wenig unscharf. Hört man sich die alten Alben an, stellt man allerdings fest, dass Casino Blackout sich auf einem Weg bewegen, will sagen eine gute musikalische Entwicklung zeigen. Statt Deutschpunk auf den Punkt, wagt man sich mutig an Pop Punk heran.
Die Band bringt an musikalischen Fähigkeiten genug Kreativität mit, um uns noch zu überraschen. Hier ist das Ende bestimmt noch nicht erreicht und man darf gespannt sein. wie es mit Casino Blackout weitergehen wird.
Für mich ein In-Between-Album, welches eine Band auf einer Reise zeigt, die es bestimmt auf das nächste höhere Level schaffen wird. Wer mag, kann “Hinterhof Poesie” hier bestellen.