Seit ich Musik höre, war und ist Schweden für mich das Land, das bezüglich seiner Musiklandschaft die größte Faszination auf mich ausübt. Schon als Fünfjähriger Mamas Abba-Best Of abgefeiert, ging das dann stets so weiter. Genreunabhängig steht Schweden seit je her für gute bis sehr gute Qualität und ist immer wieder für eine Überraschung gut. Gemessen an der vergleichsweise überschaubaren Einwohnerzahl ist das einfach immer wieder, ja, faszinierend eben.
Neuestes Überraschungspaket gefällig? Bitte, gerne. Comfort Addict mit ihrem ersten Full Length Album “Really Really!”. Das Trio aus dem Umland Stockholms präsentiert uns 10 Popperlen, wie sie eingängiger und lieblicher kaum sein könnten. Und instant ist es da, dieses schwer in Worte zu fassende Gefühl, sofort zu hören und zu spüren, dass die Band aus Schweden kommen muss, unabhängig davon, dass ich das in diesem Falle auch schon im Vorfeld wusste. Vielleicht mag diese “schwedische Note” auch dem Umstand geschuldet sein, dass die Schwed*innen sich nicht so stur innerhalb ihrer Genres gefangen halten, wie das vielleicht anderswo auf der Welt der Fall sein mag? Denn beim Hören von “Really Really!” an Mando Diao, Abba , Roxette oder A-ha zu denken: kein Problem. Sich an Schwedens Aushängeschild in Sachen Hardcore-Punk, Refused, erinnert zu fühlen, liegt jedoch tatsächlich weit entfernt. Und dennoch gibt es eine nicht unwesentliche Schnittstelle zwischen den beiden Bands. Oskar Sandlund von Refused zeichnet nämlich für den Mix des Albums verantwortlich. Und womöglich mag an diesem Zusammenhalt das Geheimnis der Trademark “Populärmusik aus Schweden” liegen.
Wie dem auch sei, es dürfte euch nun schon klar sein, dass auch Comfort Addict sich in die schier endlose Reihe guter Bands aus Schweden einreihen. Dabei ist die Band zunächst mal nicht frei von Sünde, begeht sie die aus meiner Sicht doch schon recht große Unart und arbeitet mit programmierten Drums. Sorry, liebe Comfort Addict. Man kann sich noch so anstrengen, aber man hört es halt sofort. Euch sei es aber verziehen, bzw. maximal in der B-Note abgezogen, denn man muss euch ja schon lassen, dass diese künstlichen Drums geradezu ein gewollter Teil eures Soundkonzepts zu sein scheinen. Pop, Pop und nochmals Pop. Na gut, vielleicht auch noch ein bisschen Indie. Comfort Addict versuchen gar nicht erst, ihren Hang zum Mainstream zu verbergen. Die Kunst dabei ist allerdings, nicht zu sehr anbiedernd zu klingen. Und das gelingt Fredrik Norlindh, Richard Borg und Per Andren eben ganz gut.
Und wenn man das erst mal für sich erkannt hat, ja dann kann man die Musik von Comfort Addict auch gut und gerne mit einem gewissen Augenzwinkern genießen und sich z.B. einen Spaß aus dem Heraushören der musikalischen Querverweise machen. Diese sind dann auch durchaus außerhalb der Grenzen Schwedens zu finden. Auf der Insel zum Beispiel. Coldplay, Muse, Depeche Mode, The Cure in den düstereren Momenten der Platte, oder auch die Stereophonics. Dazu immer wieder ne ordentliche Priese Disco, Elektro und Easy Listening. Fertig ist das Hörvergnügen für Auto fahren, Duschen gehen, Abwasch machen, oder die Dinge des Lebens, die tatsächlich Spaß machen.
Das Artwork ist in seinem Retrostyle insofern gelungen, weil es Tradition mit Moderne verbindet. Auch die Musik von Comfort Addict verbindet Poptradition mit moderner Machart. Dazu eine schick bedruckte Innenhülle, solide und ohne zu dick aufzutragen. Die Platte selbst dann in hübschem Pink. Auch hier haben Comfort Addict den richtigen (Farb)ton für sich gefunden. Finden könnt ihr das von Tellus Music veröffentlichte “Really Really!” am besten direkt bei Comfort Addict.