Ulm. Kurzer Name, langer Kirchturm. Schwäbische Beschaulichkeit, aber auch ein paar Assi-Ecken, dennoch aber nicht unbedingt als DER Hotspot für Punk Rock bekannt. Aber, eine kleine und feine Szene gibt es auch hier und diese steht für ihre Sache mit viel Herzblut ein. Und wo ‘ne Szene, da auch Bands, nicht wahr? Dekonstrukt ist eine davon, “Mentally Trapped” nach Demo-7″ (2017) und 10″-EP (2018) ihr erster, vollständiger 12er, von SubZine Records und Civilisation Records bereits 2023 veröffentlicht, jedoch erst kürzlich bei mir angekommen. Die Tapeversion des Albums erschien sogar schon 2022 und wurde damals von meinem Kollegen Lagartija Nick besprochen. Da nun aber Vinyl und somit ja doch bissi was anderes, kümmere ich mich nun nochmal darum. Doppelt hält bekanntlich besser!
Crust Punk as f… und somit nicht zwingend meine Baustelle, weshalb ich mir auch ein bisserl schwer tat, meinem Kumpel Tobi von SubZine Records da ein Review zuzusagen. Jetzt bin ich aber doch recht froh drum, denn oha! Dekonstrukt können auch anders, als nur stumpf ballern. Klar, wie im Thrashmetal Slayer(??), ist hier auch erst mal alles Tragedy. So oder so ähnlich und das Ganze mal als Fundament. Dekonstrukt machen aber noch viel mehr draus, aus dieser stahlbetonharten Bausubstanz. Die durch die Backings der Instrumentalisten Ant (Bass), Jojo (Gitarre) und Joe (Gitarre – Oli an den Drums gibt’s auch noch) ergänzten Main Vocals von Mona geben der Platte auf gesanglicher Ebene eine unglaubliche Breite, von giftigem Hardcore-Punk-Gekeife über Death- bis hin zu Black Metal-Geschrei. Schon mal ein großer Pluspunkt für Dekonstrukt.
Und die Musik selbst? Die ist mindestens so variabel wie der Gesang. “Outlast” kann dank seines Staccato-Riffings kaum verbergen, dass das Quintett sicherlich ab und an auch mal Thrashmetal hören mag. Positiv überrascht von der A-Seite, holt mich die B-Seite noch umso mehr ab. “Unlimit My Mind” wartet mit zweistimmigem Gitarrenriff auf. Zwar nicht gleich ganz so virtuos wie bei Iron Maiden, aber dennoch: hab ich das im Crust schon mal so gehört? Ich glaube nicht! Mit “Taste Of Decay” dann das (persönliche) Highlight der Platte. Ein Killerriff irgendwo zwischen den fiesen Sachen von Body Count(!) und Death macht eben auch ‘nen Metalsong draus. Mit Crust-Sound natürlich.
Dekonstrukt sind nunmal Crust. Punkt. Und natürlich ist die Zielgruppe demnach auch klar abgesteckt und vorzugsweise bis ausschließlich auf dem Wagenplatz oder im AZ zu finden. Dennoch erweitern Dekonstrukt auf “Mentally Trapped” die – zumindest in meinen Ohren monotone – Machart des Crust auf geradezu erfrischende Art und Weise um diverse Spielereien. “Mentally Trapped” wird jetzt zwar nicht gerade meine Lieblingsplatte werden. Dazu habe ich einfach zu wenig Wursthaare auf dem Kopf. Und dennoch bin ich dank der Varianz durchaus angetan von Dekonstrukt. Unverhofft kommt… na hier auf jeden Fall!
Die Platte gibt es auf herkömmlichem schwarzem, oder aber auf Clear/Blue splattered Vinyl, am besten direkt bei SubZine Records. Auf dem Cover ist die Bude kurz vor dem Einstürzen und ein Beiblatt mit tollem Bildmaterial und Texten ist auch noch ins Inside/Out-Cover gestopft. Wer jetzt noch den direkten Vergleich braucht, der/die möge doch gerne (nochmal) hier die Rezi meines Kollegen Lagartija Nick vom November ’22 lesen. Ich kann’s euch aber auch gleich so sagen: wir beide waren und sind einer Meinung, dass “Mentally Trapped” ein verdammt geiles Stück Musik ist. Platte oder Tape: entscheidet selbst!