Wenn mich die irische Sängerin und Songwriterin Denver Cuss auf ihrem Debütalbum „Leaving Me“ und auf dessen Opener „By My Side“ mit den zuckersüß dahingehauchten Worten „Can’t live without you…“ begrüßt, dann möchte ich das zwar gerne glauben, die Wahrheit ist aber genau andersrum. Der melancholisch-soulige Song verzückt mich instant und es könnte gut sein, dass ich in Zukunft nicht mehr ohne Denver Cuss, bzw. ohne ihre Musik leben kann.
„Where Did You Go“ legt dann nochmal ’ne ordentliche Schippe an Soul oben drauf, lässt aber auch durchblicken, mit welch unglaublicher stimmlicher Varianz Denver Cuss zu Werke geht. Dem Groove des Songs wird mit herrlichem Klargesang begegnet. Ein zweites Highlight bei jetzt zwei Songs.
„I Can’t Dance“ zieht das Tempo etwas an und bietet erstmalig auch ein bisschen mehr Leichtfüßigkeit. Spitzen Wurlitzer auch und von wegen ich kann nicht tanzen. Wenn nicht zu diesem Song, dann womöglich tatsächlich nicht. Zumindest bis zu dieser Stelle, an der mir fast das Herz stehen bleibt. Nagelneue supi Platte – übrigens von Broken Silence veröffentlicht – und jetzt hängt die schon! Ha! Tut sie aber gar nicht. Das sind halt einfach nur abgefahrene Breaks da am Schluss. Und einfach ist halt einfach auch gelogen. Ich denke, Musiker*Innen müssen für so was atypisches laaange üben – und Songwriter*Innen müssen ein glasklares und überzeugendes Bild von der Musik haben, die sie schreiben wollen. Anders kommen die doch sonst nicht auf solche Extravaganzen!
Denver Cuss hat sich zusammen mit ihrem Co-Autor Kit Warren und unter Mitwirkung etlicher, äußerst talentierter Musiker*Innen (Auflistung siehe Foto) ganze 18 Monate Zeit genommen, um diese neun Songperlen zu schreiben und aufzunehmen. Und doch wird schnell klar, dass trotz des langen Prozesses nie der rote Faden verloren wurde.
„I’ve Come Home“ gehört dann eindeutig ins Radio. Aber bitte nur in Sendungen mit Niveau. Klasse Song, der hängen bleibt. „River’s Invitation“ ist dann eine bluesige Nummer. Auch das steht Denver Cuss extrem gut. Und mittendrin dann der Teil, in dem die Bandmitglieder live auf der Bühne zu vielumjubelten und ellenlangen Soloparts auf ihren Instrumenten anstimmen. Das Highlight eines jeden Blueskonzerts, hier kurz und bündig angerissen. für mich mit das größte Highlight auf der Platte.
Im Promozettel steht geschrieben, dass Denver Cuss sich u.a. am Gesangsstil von Aretha Franklin orientieren würde, bzw. dass sie an diesen erinnere. Dem widerspreche ich keinesfalls, auch wenn ich Denver Cuss weniger Inbrunst, dafür aber umso mehr Tiefgang zuschreiben würde. Jedenfalls dürfte euch dank dieses Vergleichs auch ungehört klar sein, dass Denver Cuss eine absolute Meisterin ihres Fachs ist. Somit macht es auch absolut Sinn, dass „Leaving Me“ sich am Gesang als Leitmotiv orientiert, an den sich die Musik drum herum anschmiegt wie ein warmer Wollpullover.
„Come Back To Me“ läuft inzwischen. Soul und R&B en galore und abermals ab damit ins Radio. Mit Niveau aber, gell! „In The Right Place“ und dann der Titelsong am Schluss und der leider viel zu früh. So gesehen wird hier nochmal so richtig auf den Putz gehauen und der Song dient ausgezeichnet als Grande Finale. Neun Songs, neun Volltreffer. Gerne mehr davon, gerade jetzt, wo draußen die ersten Schneeflocken vom Himmel rieseln.
Schade finde ich, dass der Platte kein Textblatt beiliegt. Denn auch wenn jedes einzelne Wort klar und deutlich zu verstehen ist, habe ich irgendwie das Bedürfnis, mitzulesen. Dafür gibt’s als Beilage ein auf CD-Format zusammengefaltetes Poster (siehe Foto) von und mit Denver Cuss drauf, dessen Sinn und Zweck sich mir allerdings nicht so recht erschließen will, vielleicht ja aber doch seinen Weg an die ein oder andere Wand finden wird. Stimmungsvolle und die Musik visuell gut darstellende, unaufgeregte Fotos von Denver Cuss bilden den Grundstock für ein gelungenes Artwork. Die Körnigkeit des Frontcoverfotos zeugt von einer Zeit, in der Fotos halt nun mal körnig waren und in der sich Denver Cuss musikalisch beheimatet fühlt, in den ’60er Jahren und ihrem R&B und Soul.
Holt euch „Leaving Me“ z.B. bei JPC. Ist schon längst draußen!