Wer kennt sie nicht aus seiner Schulzeit, die gelben Klassikerausgaben der deutschen Literatur? Viele verbinden mit Faust, Wilhelm Tell oder anderen Klassikern den Namen Reclam. Die Bände, alle in der Universal-Bibliothek zum günstigen Preis erschienen, sind das Markenzeichen von Reclam.
Einer der neuesten Werke ist nun das 40 Songtexte umfassende Büchlein der Ärzte. Nicht irgendwelche Ärzte. Sondern Die Ärzte …. auuuuus Berliiiin!
Und das nun auch neben all den Die Ärzte – Klassikeralben, die aktuell im neualten Gewand herausgebracht werden – sprich: Reissue / Wiederveröffentlichung, was ja auch mal Zeit wurde, denn einige davon waren unmenschlich teuer, kam dieses Schmuckstück von Büchlein im gelben Gewand am 11.10.2024 auf den Markt.
Ich hatte mir an dieser Stelle nun eine Hasstirade gegen überteuerte Vinyl-Preise überlegt, es aber dann doch verworfen, denn hier geht es ausnahmsweise nicht um unser geliebtes Vinyl! Hier geht es um die Verschriftlichung der Songtexte der Die Ärzte beim, zumindest für mich, aus Schulzeiten bekanntem Verlag Reclam. Die Gründe mögen vielschichtig sein. Erschwinglicher als eine Schallplatte ist der Kauf eines Reclam-Heftchens aber allemal.
Herausgeber des Ganzen ist Michael Loesl. Michael Loesl hat sich mehrere Male mit dem Gott Belafarinrod getroffen, um mit ihnen besonders über die Idee und ihre Gedanken zu ihren Texten zu sprechen. Damit meine ich, das es zu jedem der 40 Songtexte eine Erklärung dazu gibt, wie dieser Song entstanden ist. Das findet ihr nicht mal in dem “die ärzte – Songbook” mit der Gwendoline vorne drauf. Die Ausgabe hatte ich auch damals, ist aber dann leider einem Wasserschaden im Keller zum Opfer gefallen. Man muss aber dazu sagen, das in dem Buch natürlich auch allesamt notiert mit der Melodie, dem Text, den Akkorden, den originalen Gitarrenparts, die von Die Ärzte gespielt wurden. Eine Menge Stoff für (werdende) Musiker*Innen. Die Reclam-Ausgabe des 40 Songtexte umfassenden Werk ist dann eher was für den Deutschunterricht in der Schule. Analyse von Texten, oder sowas in der Art.
Ich frage mich, wieso man nicht gleich das eben genannte Songbook genommen hat und dieses Buch nochmal mit den Erläuterungen zu den Songtexten und Noten erweitert hat. Es wäre eine immerwährende musikalische Bibel in den Schulen Deutschlands geworden.
Wer aber gerne alle Songtexte haben möchte: alle Songtexte – et voilá! Aber an der Anzahl merkt man schon, wie schwer es für Michael Loesl gewesen sein muss eben daraus seine Favoriten auszuwählen und dann darüber zu schreiben.
Die Anordnung der Songtexte ist alphabetisch sortiert und beginnt mit dem 1/2 Lovesong aus dem Album “13”. Ich glaube, es ist auch einer meiner Lieblingsalben von den Ärzten. Es folgt mit Achtung: Bielefeld ein für mich eher unbekannter Song. Diesen findet man auf “Hell”. Ein Album, das neben “Dunkel” nach langer Abstinenz eines der ersten Lebenszeichen der Band war. Auch wenn ich mich redlich über die Rückkehr der Band gefreut hatte, so habe ich mit “Hell” und “Dunkel” keinerlei Berührungspunkte und nie was von gehört. Da gehöre ich dann wohl eher zu der Kategorie “Früher war alles besser”. Bin ich denn schon so alt? Neben den beiden bereits genannten sind “Breit”, “Das Darfst Du”, “Deine Schuld”, “Demokratie (Our Bassplayer Hates This Song)”, “Der Misanthrop”, “Der Tag”, “Die Klügsten Männer Der Welt”, “Dinge von denen”, “Ein Mann”, “Ein Sommer nur für mich”, “Goldenes Handwerk”, “Grotesksong” (und ich dachte immer, er heißt “Protestsong”), “Himmelblau”, “ICH, AM STRAND”, “Ich weiß nicht (ob es Liebe ist)”, “Junge”, “Kraft”, “Lasse Redn”, “Lied vom Scheitern”, “Männer sind Schweine”, “Manchmal haben Frauen…”, “Menschen”, “Motherfucker 666”, “NichtWissen”, “Nur einen Kuss”, “Rock’ n ‘Roll Übermensch”, “Scheißtyp”, “SCHREI”, “Schrei nach Liebe” (der vielleicht wichtigste und bekannteste Ärzte-Song nach “Westerland”), “Sohn der Leere”, “T-Error”, “Tu das nicht”, “Vermissen, Baby”, “Vokuhila Superstar”, “Vorbei ist vorbei”, “Waldspaziergang mit Folgen” und “WOODBURGER”. Zu jedem Song folgt im Anschluss an den Songtext eine kleine mal mehr und mal weniger lustige und/oder ernste Anekdote.
Einige Songs kenne ich tatsächlich nicht. Andere musste ich mir mit Schallplatten hören oder das Internet durchforsten wieder in Erinnerung rufen. Verrückt, welche Macht solche Lieder haben können und an was man dann für Dinge aus seiner Jugend denkt, bzw. an was man sich erinnern kann, nur weil man den einen oder anderen Textteil hört und dann auch wieder mitsingen kann.
Am Ende des Reclam-Heftchens findet sich noch das Nachwort des Herausgebers Michael Loesl, der wirklich sehr ausführlich geschrieben hat.
Es ist ein durchaus interessantes 128 Seiten starkes Heftchen, welches nicht nur für Ärzte-Kenner ein Muss sein dürfte, sondern eben auch für die jüngeren Musikliebhaber*Innen, die gerne den ein oder anderen Text beim Hören nachlesen oder mitlesen und dabei mitsingen wollen.
Ich habe sehr viel Spaß daran gehabt die Texte zu den Songs zu lesen, beim Hören mitzulesen und dabei dann auch das ein oder andere Neue zu entdecken und zu lernen.
Zu erwerben ist das “die ärzte: 40 Songtexte aus Berlin” in jedem gut sortieren Buchladen, oder aber auch direkt bei Reclam! Für die Lehrer*Innen unter euch: als Klassensatz zu bestellen ist auch möglich!
Viel Spaß beim Hören, (Wieder-)Entdecken und Lesen!