Erinnert sich noch jemand an die niedersächsische Band Jonas? Die veröffentlichte in den Neunziger Jahren zwei ziemlich gute Alben auf L’age d’or und wurde gerne mal als deutsche Grunge-Vorreiter oder Nirvana-Epigonen kategorisiert. Dass mir bei der Beschäftigung mit dem zweiten Album der Cigaretten nun ausgerechnet diese schon 2001 aufgelöste Gruppe in den Sinn kommt, wirkt nur auf den ersten Blick überraschend. Denn eigentlich liegen die Querverbindungen tatsächlich auf der Hand.
Auch die Cigaretten erscheinen mit Audiolith auf einem Hamburger Aushängelabel. Vor allem aber watet das Trio auf „Emotional Eater“ so knietief in 90er-Referenzen, dass es nicht überraschen würde, wenn das Bizarre Festival die Band bald für das Line-up 1994 bestätigt. Und ja, mit seinem Kurt-Cobain-Gedächtnis-Look gibt Sänger Micha dem Klischeeaffen zusätzlich Zucker. Zum Glück hat „die erste Grunge-Band, die man mag, selbst wenn man keinen Grunge mag“ (Selbstzuschreibung) noch genügend eigene Ideen, um nicht als reine Nostalgietruppe durchgewunken zu werden.
Das Album beginnt nach dem eigentümlichen Opener ganz stark mit „Glastonbury“, einem Song, dem das Wort HIT in Leinwandgröße und Neonfarben angetackert gehört. Treibender Indierock mit – na klar – 90er-Vibes. Das schleppend-scheppernde „Immer ist irgendwas“ funktioniert als ebenso lakonisches wie angepisstes Lamento auf dieses und jenes und nicht zuletzt auf einen „Hund mit Maulgeruch“. Mit „Kopf schief“ und dem überraschend positiv gestimmten „So solls sein“ bietet die A-Seite noch zwei weitere Höhepunkte – und vor allem beim Letzteren zeigt Opa Grunge noch einmal, was ihn einst in seinen besten Jahren so großartig gemacht hat.
Auf der B-Seite wird es dann ziemlich strange und creepy, wenn sich die Cigaretten in „Danke Mama“ feedbacktosend für die eigene Abtreibung bedanken – und das eigentümlicherweise mit einem Gedächtnisriff dieses Die-Ärzte-Titels. Auf kaputte Art funky wird es dann im anschließenden „Kein Bock mehr mit dir rumzuhängen“, das mich frappierend an die Cucumber Men erinnert (aus den 90ern, of course).
Nach dem akustischen „Schwimmbad“ endet das Album – eingequetscht zwischen zwei ziemlich weirden Nonsensstücke – mit dem schönen „Galaktika“. Der Song zitiert fröhlich Oasis, Tocotronic und Hallo Spencer und beantwortet die Frage „Wie viele 90er-Referenzen passen in knapp 34 Minuten“ endgültig mit JA.
Die Cigaretten – eine seltsame Band für seltsame Zeiten. Und dabei haben wir über das Covermotiv der Platte noch gar nicht gesprochen. Das könnt ihr dann mal schön selbst in Ruhe studieren – ordert das Album entweder direkt bei Audiolith oder auch bei jpc. Ich hole jetzt jedenfalls mein Karohemd aus dem Schrank und gehe Jonas hören.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
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