Als langjähriger Leser der Apotheken-Umschau weiß ich natürlich Bescheid: Sitzen ist das neue Rauchen! Auch Dollars for Deadbeats aus München scheinen die Expertisen des Fachblattes sehr zu schätzen und haben augenscheinlich beschlossen ihre Konsequenzen daraus zu ziehen: Es wird wieder Kette geraucht und dafür einfach wieder mehr auf der Punkrock-Showbühne bewegt. Die Liebe zum Glimmstengel jedenfalls zelebrieren die Damen und die Herren auf ihrer neuen Scheibe Whas it a good night sehr. Jedenfalls ist das das Erste, was mir auffällt, noch bevor die ersten Töne erklingen. Die Band präsentiert auf den Bandfotos fast schon demonstrativ ihre Fluppen, sieht schon irgendwie wieder cool aus, der Marlboro-Mann war so bieder wie ein Maschinenbaustudent dagegen (Teile dieses Reviews might be sponsored by Zigarettenindustrie).
Auch beim ersten Überfliegen der Texte fällt mir an der ein oder anderen Stelle die Erwähnung von Tabak oder Zigaretten auf, beim Song “Gravel Roads and Tobacco Smoke” hat es die Nikotinpflanze sogar in den Titel geschafft. Scheint also was dran zu sein an der vermuteten Huldigung…
Bei der genaueren Lektüre der Texte merkt man aber schnell, dass Sängerin Kirsty Call durchaus mehr zu sagen hat. Sie ist genervt, der Alltag, die Routine fräst eine Schneise der Verzweiflung in ihr eigentlich positives Gemüt. Die menschenverachtende Situation in Syrien wird genauso thematisiert wie willkürliche Polizeigewalt und auch die Geschichte der Geschwister Scholl wird textlich verarbeitet. Sophie Scholl wurde 1943 in München hingerichtet, Dollars for Deadbeats gedenken ihr auf ihre Weise.
Aber natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz, sowohl in den Texten als auch in der Musik merkt man den Bock auf Punkrock, Party und das Leben. Das zweite Album fängt recht pop-punkig an, steigert aber das Tempo immer wieder zu melodischen (Street?)Punk-Hymnen. Gerade der Gesang ist es zunächst, der auffällt, ich bin unsicher, ob da nicht ein Mann singt? Nein, bei den weiteren Liedern wird klar, der Zigarettenkonsum hat schon Auswirkung auf die Stimme von Kirsty gehabt, rau und auch ein bisschen abgefuckt. Gute Punkrockstimme, die auch bei den Liedern, die einen höheren Americana-Anteil haben, gut rüberkommt. Trotzdem ist es dennoch die Stimme, die mich auf längere Zeit etwas abturnt, da sie mir dann doch zu eintönig ist. Klingt widersprüchlich, ist es auch. Jammern auf hohem Niveau.
Dieser Soundmix aus Punk und Country schreit danach live im kleinen Venue dargeboten zu werden und ich bin fest davon überzeugt, dass dann niemand im Publikum auf die Idee kommt sich zu setzen, sondern alle, auch die Straight Edge Fraktion, werden sich ne Fluppe anmachen, das Bier über den Kopf kreisen lassen und ausgelassen tanzen und mitsingen. Am nächsten Tag wacht man dann verkatert auf, die Jeanskutte noch an und mit Brandlöchern versehen. Wenn man dann darauf wartet, dass der erste Kaffee endlich durch die Maschine gelaufen ist, versucht man sich an den gestrigen Abend zu erinnern: Was it a good night? JA , VERDAMMT! Natürlich!
Erschienen ist die Schallplatte bei Gunner Records, wie so oft ein Garant für guten Punkrock, der keine Scheuklappen besitzt. Erscheint auf schwarzem und auf rotem Vinyl.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |