Was war ich damals aufgeregt, als ich von dem Projekt (oder ist es nun doch eine Band?) Fake Names gehört habe. Das Personal, bestehend aus Dennis Lyxzén (u.a. Refused, The (International) Noise Conspiracy), Brian Baker (u.a. Minor Threat, Bad Religion), Michael Hampton (u.a. S.O.A., Embrace) und Johnny Temple (Girls Against Boys, Soulside), versprach schon vor dem Hören des selbstbetitelten Debüts „Fake Names“, dass es sich da um den vertonten Wahnsinn handeln muss. Schließlich schrieb jeder einzelne der beteiligten Herren mit seinen jeweiligen Bands Musikgeschichte – und zwar zurecht!
So fieberte ich also dem Tag entgegen, an dem „Fake Names“ endlich auf dem Plattenteller rotieren und ich mich zufrieden im Sessel zurücklehnen konnte. So quasi meine pro forma vorformulierte Annahme. Und dann kam alles ganz anders als gedacht. „Fake Names“ entpuppte sich als desaströser Reinfall. Eine halbgare und uninspirierte Mogelpackung, die bei mir zu allem Übel zusätzlich die Vermutung aufkommen ließ, dass hier vier Konten gefüllt werden sollten, die vermutlich eh schon prall genug sind. Die Enttäuschung war riesig und „Fake Names“ staubt wohl für immer im Plattenregal vor sich hin.
Nun also „Expendables“, der dritte Streich (2022 erschien noch eine 2-Track-7″), der Fake Names. Mal sehen, ob es dieses Mal zum Prädikat „Geniestreich“ reichen könnte, oder ob weiterhin auf Sparflamme gekocht wird. Aha, schon der Opener „Targets“ versprüht nach wenigen Takten mehr Leben als die zehn Nummern auf „Fake Names“ zusammen. Kurze Melodie auf der Gitarre und zack, gleich voll auf die 12. Schnell wird klar, dieses Mal wird es besser laufen. Fake Names präsentieren sich auf „Expendables“ wie eine Band und nicht wie ein zusammengewürfelter Haufen Punkrockstars und die Angst, es könnte sich erneut um eine bloße Gelddruckmaschine handeln, ist hinlänglich.
Womöglich mussten auch Fake Names‚ Protagonisten erst einmal zueinander finden, sich aufeinander eingrooven. Auch geschätzte 150 Jahre professionelle Punkrockerfahrung sind nicht zwingend eine Garantie für eine gute Platte einer guten Band. „Expendables“ jedenfalls klingt weit mehr als das Produkt einer harmonischen Einheit und die Beteiligten berufen sich auf ihre Stärken, wie ich es eigentlich von Anfang an erwartet hatte. Lyxzén versprüht den Enthusiasmus, für den man ihn kennt und zeigt, wozu er mit seiner außergewöhnlichen Stimmvarianz in der Lage ist. Die Instrumentalisten (inzwischen scheint Brendan Canty, u.a. Fugazi, als fester Drummer installiert zu sein; auf „Fake Names“ saß noch Matt Schulz hinter den Kesseln, war aber kein offizielles Mitglied der Band) tun ihr Übriges, spielen präzise, punktgenau und mit dem spürbaren Sinn für Melodien, der ihnen angeboren zu sein scheint.
Spätestens mit dem symptomatisch betitelten „Go“ haben die Fake Names mich am Wickel. Der Song ist eine Hymne, ein Hit, ein Ohrwurm… sucht euch was aus. Und er ist ein kompaktes Synonym dafür, was den Hauptdarstellern mit ihren Bands einst zur Berühmtheit verhalf. Warum denn nicht gleich so, liebe Fake Names? Und klar, bei so viel Punkprominenz unter einem Dach muss auch standesgemäß das richtige Label mit von der Partie sein. Erneut zeichnet Bakers zurückgekehrter Bandkollege bei Bad Religion, Brett Gurewitz, mit seinem Label Epitaph Records für den Release verantwortlich.
„Expendables“ ist, dem R’n’R-Gott sei Dank, solide, ja sogar richtig gut geworden und irgendwie verspüre ich deshalb so was wie ein Gefühl der Erleichterung. Nicht auszudenken, wie das hier mit einem erneuten „Fake Names“ gelaufen wäre – und dass ich dieses doch nochmal rauskrame, bezweifle ich dank „Expendables“ erst recht. Das Album ist auf schwarzem, limitiert auch auf Black/White Galaxy – Vinyl z.B. bei JPC erhältlich.