“Don’t judge a book by the cover”. So ging es mir mit dem Album “Punklomerat” der Wittener Band Feuerwasser. Was meine ich damit? Zum Einen kommt das Album in einer Verpackung daher, die Seinesgleichen sucht. Optisch auffällig, umschreibt das Photoshop-Massaker der eher übleren Sorte der Frontseite wohl noch am besten. Auch die Rückseite macht mit Bandbild in schwarz-weiß nicht so viel her. Okay, geben wir dem Plastik eine Chance. Es schält sich eine marbled mit weißem Rauch versehene Scheibe aus der Hülle. Zusätzlich gibt es ein beidseitig beschriebenes Textblatt, das durch seine vollständigen Texte und üblichen Danksagungen in Handschrift einen gewissen Charme hat. Unterm Strich aber eher unteres Mittelfeld.
Feuerwasser wurde 2004 in Witten gegründet und hat trotz der langen Bandgeschichte mit drei Alben eine überschaubare Discographie. Das letzte Album liegt sage und schreibe elf Jahre zurück. Beim ersten Hören rauschen die zwölf deutschen Punk Songs in 32:55 an mir vorbei. Jo, denke ich, was ist hängen geblieben? Deutscher Punk der 90er Jahre, Texte, die immer passen über Liebe, Hass, Hoffnung, Nazis, Herkunft – das übliche Anprangern der Gesellschaft. Das ganze schon mit Schwung präsentiert, aber alles irgendwie “safe-habour” ohne große musikalische oder textliche Höhepunkte. Obwohl eins ist mir aufgefallen. Der Drummer bearbeitet seine Gerätschaften, als gebe es kein Morgen und knüppelt alles weg, was kommt. Erinnert mich mit seiner Motivation an Animal, den legendären Drummer der Muppets-Hausband Dr. Teeth and the Electric Mayhem. Die Älteren erinnern sich an diese Lichtgestalt der Musikgeschichte.
Beim mehrmaligen Hören merke ich aber, dass mir das Album ans Herz wächst beziehungsweise in die Ohren geht. Der schon erwähnte Drummer ist immer noch präsent und nach zwei bis drei Titeln ist man fix und fertig. Mit „Schritt für Schritt“ setzen Feuerwasser gleich den Blinker links und nehmen den Hörer mit auf die Fahrt. Es folgt „Taubstummblind“, ein Song, der mit seiner Melodie zu überzeugen weiß. Dann versuchen Feuerwasser mit „Grau und Grau“ einen Gegenpol zu setzen und lassen den Song mit einer Akustikgitarre anfangen. Schön, denke ich, jetzt ist durchatmen und entspanntes Zuhören angesagt, aber diese ruhige Einlage hält nicht an. Nach etwa dreißig Sekunden brennen dem Drummer alle Sicherungen durch und es gibt wieder geknüppelten Deutschpunk auf die Ohren! Der Kerl hat wirklich Feuerwasser in den Adern. Anspieltipps sind für mich die Single „Gefreut“ und „Ich glaube nicht“.
Feuerwasser arbeiten, wie schon erwähnt, das Punkthemen-Bingo konsequent ab: gegen Rechts, Liebe und den eben üblichen Kram. Nichts Außergewöhnliches, aber auch nichts, was total danebenliegt. Kleines Manko, die abgedroschenen Phrasen werden zu häufig, fast wie ein Mantra, repetiert. Was mir dann aber doch an Herz wächst sind Zitate aus den Simpsons, die auflockernd wirken. Der Beat dagegen geht in Ohren und Beine und ist mit ausreichenden Mehrstimmengesang garniert und der Wpm-Faktor (Wpm := Woohoohoo) liegt im richtigen Bereich. Erwähnte ich den Drummer, der seine Schießbude anscheinend zum Tode verurteilt hat? Feuerwasser erinnern mich an Abstürzende Brieftauben oder Bands der Schlachtrufe BRD-Serie.
Unterm Strich ein Album, was Spaß machen kann, wenn man bei den Texten ein wenig genau hinhört, sondern sich vom Drummer durch die Songs führen und diese Energie auf sich wirken lässt.
Wenn ihr dem Album eine Chance geben wollt, könnt ihr es genau hier kaufen.
Lagartija Nick Januar 2020
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Vielen Dank für das Review und viele Grüße von dem Verrückten hinter der Schießbude =D Endlich hat es bzw ihn (oder doch eher ES?) einer erkannt 😉
Zum Artwork ( Ist wohl im Beipackzettel wohl etwas untergegangen); Auch wenn es wohl nicht danach aussieht (weil zu klein/schlecht ausgedruckt) ist das Front Cover sowie Booklet (CD-Digipack-Variante) komplett im Schere-Klebe-Bastelverfahren entstanden. Lediglich zum einscannen und Bandlogo/Albumtitel draufklatschen hat es eine kleine Berührung auf der digital Ebene genommen. Aber zum Glück hat das ja keinen Einfluss auf die Lala.
Grüße aus Witten =)
Hallo Feuerwasser,
ganz liebe Grüße aus dem Sauerland nach Witten.
Ja hier schreibt der Autor noch selbst …
Danke für die Information – aber am Ende zählt der Inhalt.
Habt ihr Recht.
Thomas
Feuerwasser,- noch nie von gehört! Aber super, daß man so auch über kleine oder nicht so bekannte Bands hier was erfährt. Und du schreibst immer so, daß man neugierig wird!