Kinder, wie die Zeit vergeht. Wären wir nun nicht schon in den 2020ern, sondern noch so in etwa Ende der 1980er, tja dann wäre es nur logisch, dass nicht Run For Cover Records für den Release des zweiten Albums “Between The Richness” der Bostoner Allstar-Band Fiddlehead (vereint Mitglieder von Have Heart, Basement, Big Contest und Intent) verantwortlich zeichnen, sondern Dischord. Ja, einst hätten sie da perfekt in die Nische zwischen dem ungestümen Voranpreschen von Scream und dem sich eher langsam herantastenden Vorgehen der Kollegen Fugazi gepasst.
Wobei, rein biologisch, mathematisch und auch sonstwie ist das einfach unmöglich. Fiddlehead klingen so herrlich jugendlich heranwachsend, die könnten schon unmöglich vor 30 Jahren am Start gewesen sein. Nicht was die Texte und die Art, wie diese geschrieben sind, anbelangt. Frontmann Pat Flynn schafft es erneut, auf gar lyrische Weise wunderschöne Vocals zwischen Autobiographie und Selbstreflexion zu verfassen. So würde kaum ein jugendlicher Mensch schreiben, schon allein weil diesem in aller Regel die entsprechenden Lebenserfahrungen fehlen. Nein, jugendlich bezogen auf die musikalische Umsetzung. Fiddlehead klingen so wunderbar frisch und unverbraucht und gleichzeitig hat man den Eindruck, dass die Songs noch nicht ganz ausgefeilt, noch auf der Suche nach ihrem eigentlichen Höhepunkt sind. Das klingt nun zwar weniger zusprechend, ist aber ganz und gar nicht so gemeint, denn Fiddlehead versprühen musikalisch das, was man wohl mit jugendlichem Charme übersetzt, eine Anziehungskraft basierend auf all den Attributen der Jugend: Lebendigkeit, Vitalität, Tatendrang einerseits, aber auch Unsicherheit und die Suche nach sich selbst andererseits.
Mensch, was der Riedinger da (be)schreibt, das ist doch voll Emo! Stimmt. Und doch ist dies nur die halbe Wahrheit. Und wenn schon Emo, dann nicht so, wie ihn pickelgesichtige Jugendliche mit lila gefärbten Haaren und Hello Kitty – Shirts in Verruf gebracht haben, sondern mehr so, wie ihn coole Bands wie die Get Up Kids oder Jimmy Eat World einst gestalteten.
Und doch fehlt Fiddlehead im Vergleich zu den eben genannten Bands ein wenig der Punch. Den Songs auf “Between The Richness” hätte eine fettere Produktion – zumindest in den Riffparts – durchaus gut gestanden. Doch vielleicht regierte hier der unerfahrene, der unsichere Teil der Jugendlichkeit? Andererseits, da Fiddlehead ja eigentlich gar nicht vorhatten noch ein weiteres Album zu veröffentlichen, mag man es ihnen nachsehen, dass die Produktion womöglich aufgrund mangelnder Vorbereitung auf die Aktion “neues Album” nicht zu Ende durchdacht war. Ist aber reine Spekulation. Bleibt mir daneben noch ein Versuch der Interpretation. Der graue und steinig wirkende Weg, der sich durch das Cover mäandriert, mag sinnbildlich signalisieren: Fiddlehead sind auf einem guten, jedoch auch ungewissen, definitiv aber noch nicht zu Ende gegangenen Weg und egal wo sie dieser hinführen mag, es scheint gewiss, dass sie dort ankommen werden. In sachdienlicheren Worten: “Between The Richness” ist ein gutes Album, vermittelt jedoch den Eindruck, dass Fiddlehead damit noch nicht ihr ganzes Potenzial ausgeschöpft haben. Freuen wir uns also jetzt schon auf ein drittes Werk der Band, egal ob geplant oder nicht.
Ein weiteres Sinnbild stellt die Scheibe an sich dar. Zumindest die mir zugespielte Farbvariante. In lieblichem Lila erscheinend ist sie optisch das perfekte Pendant zur lieblichen Produktion des Albums. Insofern darf das nächste Album dann gerne auf hart wirkendem Schwarz gepresst sein. Anyway, ein Textblatt nebst ein paar ansehnlichen Bildern, die den Studioaufenthalt dokumentieren sowie ein Download-Code runden den Release ab. Zu kaufen gibt’s diesen ab sofort z.B. hier.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |