Es ist wieder soweit und wir möchten euch heute wieder eine Frau vorstellen, die im Musikbusiness tätig ist und für viele keine Unbekannte sein dürfte. Heute haben wir uns Manuela aus der Freak Show in Essen vorgenommen. In der Freak Show treibt sie schon länger mit ihrem Mann Benny ihr Unwesen und veranstaltet neben Parties auch jede Menge Konzerte in ihrer Location. Aber mehr dazu nun hier im Interview.

Hallo Manuela,
es ist schön, dich bei unserer Interview-Reihe “Frauen im Musikbusiness” begrüßen zu dürfen. Erzähl uns doch direkt erst einmal, was du so im Musikbusiness treibst? Wie bist du in das Musikbusiness eingestiegen? Was waren da deine Beweggründe, dich in diesem Bereich selbstständig zu machen?
Ich betreibe mit meinem Mann Benny die Rock`n`Roll Bar Freak Show in Essen. Im Januar haben wir die “8 Jahre Freak Show-Party” gefeiert.
Musik und Kreativität spielen schon mein ganzes Leben eine große Rolle und führten mich 2005 zu meinem ersten Projekt Panic Room in Essen-Steele. Die Verwandlung der einstigen „Oppa-Kneipe“ dauerte von 2005-2007. Im April 2009 siedelten wir dann zum Viehofer Platz um.
Benny habe ich in der Endphase des kleinen Panic Rooms kennengelernt, als er mit seiner damaligen Band Sonic Farm dort spielte.
Ende 2010 habe ich die Kellerbar am Grendplatz 2a bei einer Zwangsversteigerung erworben. Dann folgte ein Jahr am Limit! Damals hatte ich noch den Panic Room und zeitgleich haben wir in jeder freien Minute tonnenweise Gips in der heutigen Freak Show verarbeitet. Zwischen Staub und Werkzeugen wurde die Matratze auf einem Astra-Kisten-Lattenrost von einer Ecke in die andere geschoben. Benny lebte und arbeitete zu der Zeit noch in Schweden und kam jedes zweite Wochenende angereist. Die wenige Zeit, die uns blieb, verbrachten wir ganz romantisch mit Pinsel, Akku Schrauber und Staubmasken.
Nach zwei Jahren Fernbeziehung hat Benny dann kurz vor unserer Hochzeit im November 2011 seine Heimatstadt Stockholm für mich verlassen. Ich bin dann aus dem Panic Room ausgestiegen, wir haben im Endspurt die restlichen Arbeiten in der Freak Show durchgezogen und am 13.01.2012 haben wir dann die Eröffnungsparty gefeiert.
An den Wochenenden veranstalten wir Parties und Konzerte mit Bands aus aller Welt. In den vergangenen Jahren haben wir ein eine gute Vernetzung zu Bookern aus der Szene und passend zu unserem Konzept einen festen DJ-Stamm aufgebaut, die je nach Abend-Motto Rock`n`Roll, Reggae, Ska, Punk, Metal, Powerpop, Soul, 60`s, Garage und Hits der 80er auflegen. Einmal im Monat gibt es die Freak Show-Karaoke. Und auch Whisky Tastings veranstalten wir in regelmäßigen Abständen. Ich liebe es auch Cocktails zu mischen und mir mit Benny und meinem Sohn Michel neue ausgefallene Drinks und Shots auszudenken.
Die Freak Show ist ein großes soziales Netz mit jeder Menge netten, außergewöhnlichen und musikliebenden Menschen, von denen wir mittlerweile viele zu unseren Freunden zählen dürfen.

Wie ist das mit so einer eigenen Location. Schafft man es dann überhaupt noch, auch mal abseits der eigenen Kneipe auf Konzerte oder Partys zu gehen oder ist das quasi dein voller Lebensinhalt?
An den Wochenenden schaffen wir es überhaupt nicht, irgendwo anders hinzugehen. Das ist aber auch nicht schlimm, denn bei uns ist ja immer das interessanteste Programm ? ? Manchmal ist es natürlich echt schade, wenn man an manchen Events außerhalb der Freak Show nicht teilnehmen kann, aber das muss man in Kauf nehmen. Wenn wir es schaffen, gehen wir gerne auf Sonntagskonzerte im Anyway. Oder mal donnerstags ins Grend.
Aber oftmals sind wir wochentags nach unserer Arbeit für die Freak Show ziemlich platt und legen und abends zu Hause vor die Glotze. Manche denken, wir haben unter der Woche nix zu tun… ja nu, ausser Putzen, Bestellung, Buchhaltung, monatliche Planung der Parties und Band-Booking, Werbung und Flyer Gestaltung, Lieferungsannahme und Einkaufen 😉
Auf privaten Geburtstagen, die ja auch meist an den Wochenenden gefeiert werden, war ich auch schon seit 2007 nicht mehr. Aber darunter haben die echten Freundschaften nicht gelitten, denn dann hat man ein Treffen an einem anderen Tag eingebaut, so wie wir das auch immer mit familiären Zusammenkünften machen 🙂
Ansonsten ist die Freak Show wirklich neben meinen Kindern und Enkelkindern mein voller Lebensinhalt ♥

Würdest du gerne noch was anderes machen wollen oder bist du inzwischen angekommen und erfüllt dich die Freak Show voll und ganz?
Ich träume schon seit vielen Jahren von anderen Projekten…allerdings bin ich ja nu auch schon über 50 und ich muss mir eingestehen, dass ich Einiges gar nicht mehr umsetzen könnte. Träume sind aber auch oft noch schöner als die Realität…und nach dem Panic Room ist die Freak Show wahrscheinlich mein endgültiges Lebenswerk. Aber in der Fantasie baue ich mir oft zusammen mit Benny noch wundersame Welten. Für den Fall, dass sich davon noch irgendwas bewahrheitet, will ich hier eigentlich nix verraten 😉
Du bist ja eher eine Seltenheit als Frau mit einer eigenen Konzertlocation. Wie nehmen das die Bands und Gäste auf? Kommt dir das eher zum Vorteil oder wirst du hier und da auch schon mal “dumm” angemacht? Wie ist das mit den Männern, haben die dann zu später Stunde auch mal die Sprüche zu locker sitzen?
Als Inhaber und Betreiber sind wir ja als Benny + Ela ein Team. Manche fragen mich schonmal nach dem Chef…oder nennen mich Chefin 😉 Die Freak Show hat 2 Köpfe ??
Manches machen wir beide, aber es gibt auch in Bereiche, in denen es eine Aufgabenverteilung gibt. Entscheidungen treffen wir immer zusammen. Stammgäste und Bands nehmen uns meist auch als Duo wahr. Mein Sohn Michel wird aber auch manchmal Chef genannt..oder Meister 😀 Er gehört schon von Anfang an zum Theken-Team.
Zum Glück sind unsere Gäste in der Regel nett und friedlich…verirrt sich aber doch mal jemand mit Aggressionspotential zu uns, versuche ich das meist zu regeln. Oftmals reagieren Störenfriede besser auf eine Frau als auf einen Mann. Sollte das mal nicht funzen, sind andere Gäste auch sofort zur Stelle. Viele doofe Sprüche fallen mir gegenüber eigentlich nicht…ich kann aber auch ganz gut kontern 😉

Es ist ja doch nicht ganz ohne, die richtigen Partys und Konzerte zu finden, die einem den Laden so voll machen, dass man davon leben kann. Macht ihr nur das, was dir und Benny persönlich gefällt oder ladet ihr schon auch mal Bands ein, die ihr aufgrund von Publikum Wünschen bucht?
Wir sind ja musikalisch nicht so festgefahren, aber klammern manche Musikrichtungen kategorisch aus, das spielt dann auch keine Rolle, ob es ausverkauft sein würde. Wenn wir uns nicht treu bleiben würden, wäre das Herzblut weg und die Gäste würden die Freak Show auch mit anderen Augen sehen. Es ist ja manchmal schon ein Sprung für Metal Fans, die sich bei uns auf einem Reggae-Abend einfinden 😉
Die meisten checken aber zum Glück unser Programm.
Manchmal machen wir Kompromisse, mit denen wir aber leben können…wie z.B. die 80er Party… ich sach ma so: Madonna würde ich normalerweise nicht spielen, aber da ist auch immer viel dabei, was auch unserem Geschmack entspricht. Also unterm Strich muss es uns gefallen.
Beim Bandbooking haben wir in den vergangenen 8 Jahren so Einiges gelernt. Also was für uns Sinn macht. Wir müssen ja neben unserem Geschmack und unserer Leidenschaft auch auf die Wirtschaftlichkeit achten. So kann es sein, dass wir in einem Monat an fast jedem Wochenende Bands haben oder sogar auf einem Donnerstag oder Sonntag…und dann gibt es wieder Monate, in denen wir nur ein Konzert veranstalten.
Wir buchen nicht “auf Biegen und Brechen” Bands, sondern wirklich nur, wenn es uns kickt UND wir an eine volle Bude glauben. Anfangs standen wir hier manchmal wochentags mit wenigen Gästen und viel Ausgaben. Da tut man sich und den Bands ja keinen Gefallen mit.
Bandanfragen haben wir mehr als wir beantworten können – sorry dafür. Manchmal heisst es: wir brauchen nur Spritgeld und einen Platz zum Pennen…und Bier und Essen. Das bedeutet für uns: Ein Appartment/Hotel buchen, Soundmann, Gema + KSK bezahlen. Essen und Trinken und jemanden in der Kasse. Und manche Leute bleiben weg, weil sie die Band nicht kennen oder mögen. Wäre also ein Minusgeschäft.
Am liebsten sehen wir die Bands und uns glücklich, also buchen wir lieber nur wenige Gigs.

Gab es in all der Zeit, in der du im Musikbusiness tätig bist ein ganz besonders positives oder negatives Erlebnis?
Zum Glück haben wir mehr positive als negative Erlebnisse.
Schön: So richtig runde Abende, an denen sich die Band, der DJ und die Gäste bei uns bedanken und super glücklich sind und wir dann auch ♥
Das erleben wir oft und sind dafür sehr dankbar. Und das hat uns die Kraft in den vergangenen 8 Jahren gegeben.
Nicht so schön: Wir legen großen Wert darauf, dass der Sound bei Konzerten so gut wie möglich ist. Dafür ist eine gute Zusammenarbeit und Respekt zwischen Band, Soundmann und uns nötig. Die Freak Show ist ja nicht allzu groß und die Bühne hat eine außergewöhnliche Form.
Eigentlich funktioniert das immer super. Dann und wann hat das mal nicht so gut geklappt. Das ist dann eher negativ 😉
Zum Schluss kommt noch die obligatorische Frage an dich, was du noch loswerden möchtest oder unseren LeserInnen mit auf den Weg geben möchtest?

Alle heulen rum, dass Konzert-Locations und kleine ausgefallene Bars aussterben…Systemgastronomie setzt sich immer mehr durch.
“Support the scene” oder “Geht mehr auf Konzerte” appellieren sie. Und dann stehen sie bis zum Konzertbeginn oder während eines Events an der Trinkhalle.
Wir leben vom Getränkeverkauf und stecken viel Arbeit und Liebe in die Organisation von Veranstaltungen und haben jede Menge Unkosten. Es ist ja unser Event, da sollte dann niemand anders von profitieren.
“Do what you love and love what you do”
Läuft zwar nicht immer so, aber es lohnt sich, dafür zu kämpfen ♥