Ein musikalischer Vulkanausbruch zwischen Skatepunk-Wahnsinn und Gefühlskino – auf Bayrisch und brutal gut.
Ja leck mi am Oarsch, was ham Heathcliff denn da wieder aus’m Ärmel gschüttelt?! Mit „Postcard From A ParaHell Universe“ liefern uns die Münchner Burschen (und Punkpoeten) ihr drittes Studioalbum – und was für eins! Wenn ma glaubt hat, dass sie mit ihren letzten Scheiben scho ordentlich einen rausghaut haben, dann haltet’s euch fest, denn jetzt geht’s erst richtig los. 2025 hat kaum begonnen, und trotzdem haben Heathcliff da schon a ernstzunehmenden Anwärter für’s Skatepunk-Album des Jahres abg’liefert. Ganz ohne Schmarrn.
Seit 2017 geistern Heathcliff jetzt durch die Szene, und jedes Mal, wenn ma glaubt, ma kennt die Jungs jetzt, ziehen’s dir musikalisch wieder den Boden unterm Board weg. Auf ihrem neuen Werk geht’s wieder rund – schneller, härter, vielseitiger – und dabei immer noch mit dem Herz am rechten Fleck. Ein wahnsinniger Mix aus melodischem Hardcore, Thrash-Elementen, Tech-Skatepunk, a bisserl Metal, a Prise Reggae und einem Arsch voll Emotion.
Gleich beim Opener fragt ma sich: „Hä, was is jetz los? Spielt da grad Freejazz?“ Aber keine Panik, das is nur das Warmzucken vor’m Sturm. Zack! Nach wenigen Sekunden verwandelt sich die jazzige Intro-Verwirrung in a 260-BPM-Abriss, der dich vom Stuhl fegt. Hell yeah – the cat is definitely back!
Dann geht’s Schlag auf Schlag weiter. „Mirror, Mirror F.U.A. (Fuck You All!)“ ballert einem die erste Singleauskopplung um die Ohren. Technisch auf Top-Niveau, mit Gespür für Melodie, einem Riffgewitter zum Verlieben und einer Gangshout-Wucht, die einem glatt die Faust hebt – ob ma will oder net. Heathcliff zeigen hier wieder, warum sie aus der europäischen Punk-Szene nimmer wegzudenken san. Ihr Sound ist wild, aber nicht wirr, chaotisch, aber mit System. Und dabei durch und durch ehrlich.
Und dann kommt „Circles“. A feines Schmankerl mit Geschichte, weil’s ursprünglich von Stef’s alter Band Avenal stammt – und Heathcliff machen’s zu ihrem eigenen Ding. Melodisch, dynamisch und mit dieser bittersüßen Energie, die einem Skatepunk-Song das gewisse Etwas verleiht. Weiter geht’s mit „Heartbleeds“, wo man Stef’s Songwriting-Handschrift wieder raushört. Der Kerl hat einfach ein Gespür für Melodien, die sich in deinem Schädel festfressen wie a gut g’machter Ohrwurm. Ohne Zuckerguss, aber mit ordentlich Tiefgang.
Und dann kommt’s dicke: Das Cover von Millencolin’s „Friends ‚til the End“. Jetzt könnt ma sagen: Oida, das is mutig! Aber Heathcliff wär’n net Heathcliff, wenn sie sich vor Legenden fürchten würden. Sie nehmen den Klassiker, würzen ihn mit ihrer eigenen Note, drehen die Regler auf 11 – und das Ergebnis? Kann dem Original locker das Wasser reichen. Kein Blasphemie, einfach nur Respekt und pure Spielfreude.
Und wenn ihr jetzt denkt, „mei, das war ja scho a ganz schöne Lawine“, dann wartet’s ab. Die zweite Albumhälfte steht der ersten in nix nach. Da kommt unter anderem „Stargazer“, wo sich Étienne Dionne von den kanadischen Skatepunk-Haudegen Mute als Feature die Ehre gibt. Und holy shit, der Song ballert! Dann gibt’s auch noch was fürs Herz: Die zweijährige Tochter vom Bust-E spricht das Intro zu „Keep This Light On“. Zucker pur! Und der Song selbst? Eine emotionale Danksagung an Familie, Freunde und die treue Heathcliff-Family, die mit der Band durch dick und dünn geht. Da bleibt koa Auge trocken.
Aber jetzt mal weg von der Trackliste und rein in die Details: Die Gitarrenarbeit auf der Platte is schlicht und ergreifend irre. Rasiermesserscharfe Riffs, ein Wahnsinns-Gefühl für Melodie, irrwitzige Tempowechsel und Harmonien, die sich gegenseitig hochschaukeln wie zwei Dudes beim Kickflip-Battle. Aber alles hat Sinn. Kein Show-Off, sondern durchdacht und songdienlich bis in die letzte Note.
Die Vocals? Puh, da wird’s schwierig, sich kurz zu fassen. Mati bringt eine Emotion in seine Stimme, die zwischen Wut, Trauer, Trotz und Hoffnung schwankt – und dabei immer authentisch bleibt. Was’s aber richtig fett macht, sind die massiven Gangshouts, die Harmonien, die Crew-Vocals. Du hörst richtig, dass da eine Band als Einheit singt. Gemeinschaft statt Ego – und das hört man.
Bass und Drums? Ein Traum-Duo. Der Bass ist nicht bloß ein Begleittier, sondern tänzelt, grummelt, führt und verwebt sich mit den Gitarren zu einem dichten Klangteppich. Bust-E an den Drums spielt, als hätt er ein Metronom im Hirn und Dynamit in den Füßen. Technisch brillant, aber immer musikalisch. Kein sinnloses Gepolter, sondern punktgenaue Fills und ein Groove, der selbst den hartnäckigsten Sitzraver zum Headbangen bringt.
Was Heathcliff auf „Postcard From A ParaHell Universe“ besonders gut gelingt: Sie schaffen es, ein extrem vielseitiges Album zu machen, das trotzdem wie aus einem Guss klingt. Ob Metal-Riffs, Reggae-Vibes oder Hardcore-Shouts – alles fließt nahtlos ineinander. Und sie verlieren nie den roten Faden: Skatepunk bleibt die Basis, aber drumherum wird gebaut, gesägt, geschraubt wie bei einer DIY-Ramp in der Hinterhof-Garage.
Apropos DIY: Der Spirit is allgegenwärtig. Keine glattgebügelte Pop-Produktion, kein massentaugliches Getue, sondern ehrliche Mucke von Leuten, die was zu sagen haben – und zwar auf ihre Art. Sie arbeiten mit Labels wie SBÄM, Bearded Punk, Double Helix und Pee Records zusammen, die wissen, wie Underground geht. Und das hört man. Heathcliff machen keine Musik für den Algorithmus, sondern für Leute mit Herz und Hirn. Für Skatepunks, Szene-Familien, Überzeugungstäter und alle, die sich nicht sagen lassen wollen, was „man“ hören soll.
Textlich geht’s oft weniger um Politik im klassischen Sinne, sondern mehr um persönliche Kämpfe, existenzielle Zweifel, den Versuch, in einer kaputten Welt seinen Platz zu finden. Keine leeren Phrasen, sondern ehrliche Fragen und Emotionen – verpackt in aggressive Hymnen, die zum Mitschreien einladen.
Also, wer auf schnellen, melodischen Punk steht, der auch mal über den Tellerrand hinausblickt, wer gerne mitgrölt, aber trotzdem nicht auf musikalische Finesse verzichten will, der sollte sich „Postcard From A ParaHell Universe“ auf keinen Fall entgehen lassen. Heathcliff haben nicht einfach nur ein starkes Album gemacht – sie haben ein Statement gesetzt.
Fazit: Des is koa normale Skatepunk-Scheibe. Des is a wütende, liebevolle, durchdachte und technisch brillante Abrissbirne mit Herz. Heathcliff zeigen, dass Punk noch lang net tot is, sondern lebendig, vielseitig und voller Überraschungen. Ein modernes Meisterwerk mit ordentlich Schmalz, Hirn und Haltung.
Danke, Heathcliff. Ihr seid ned nur zurück – ihr seid besser denn je.
Live-Termin
26. Juni 2025 Backstage Club München
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis.