Jesper Lindell ist einer dieser Personen, denen man seine Herkunft, in dem Fall Dalarna in Schweden, nicht anmerkt, denn er klingt wie Van Morrison oder Nathaniel Ratecliff. Außerdem hat er eine eher bewegte Vergangenheit hinter sich. Er war im Begriff Fußballprofi in Schweden zu werden, was jäh durch einen Unfall auf dem Platz beendet wurde. Aufgrund von COVID-Beschränkungen konnte er zudem nicht alles machen und dann erhielt er aufgrund einer Nierenerkrankung ein Jahr lang eine Dialyse während er zeitgleich eine Nierentransplantation bekam. Tauschen möchte ich nicht!
Das Album “Before The Sun” beginnt mit der Leadsingle “One Of These Rainy Days”, einem aufmunternden Song, der auf bessere Tage hofft. Das Stück beginnt mit einer Akustikgitarre und einer großartigen Basslinie, dann setzt eine wirbelnde Orgel über einem Klavier ein, bevor die Bläser ihr Markenzeichen setzen und dann die Gitarren mit ein paar kurzen Soli zu Wort kommen. Toller Anfang. Obwohl er bei diversen Kritikern mit Chris Stapleton verglichen wird, sind Jesper Lindells Einflüsse eher bei Van Morrison und insbesondere bei The Band zu suchen.
Der Titeltrack hat ein nettes Akkordeon im Mix sowie im Solo und hat einen sehr vertrauten Refrain. Es folgt “Never Gonna Last”, ein großartiger Song, der während der Pandemie geschrieben wurde, als Lindell an der Dialyse hing und die ganze Welt in tiefster Verzweiflung war. Das Lied ist in der Hoffnung auf bessere Zeiten geschrieben und endet mit einem abrupten Gesang des Titels.
“Good Evening” ist ein eher fröhlicher Swing mit einem atemberaubenden, ausgelassenen Klaviersolo von Carl Lindvall und endet, wie einige andere Titel, sehr plötzlich. “A Little Light In The Dark” zeigt Lindells vielseitige und gefühlvolle Stimme. Der träumerische Song wird durch Rasmus Fors und einige großartige Backgroundgesänge erheblich aufgewertet.
Der Höhepunkt des abwechslungsreichen Albums ist vielleicht das wunderschöne “A strange goodbye”, bei dem der aufstrebende US-Star Kazzi Valazza mit Jesper Lindell im Duett singen, dazu gibt es wie immer wunderbare Backgroundgesänge und ein sanftes Fors-Akkordeon. Die Veränderung des Tons wird auch bei “Honesty Is No Excuse” deutlich, das mit einem im Hintergrund schimmernden Jahrmarktsound beginnt. Hier zeigt sich Lindell von seiner wahrscheinlich besten “Stapleton”-Seite. Ein Wort des Lobes für die Band ist hier fällig – neben den bereits erwähnten Spielern spielt Lindell eine wirkungsvolle Akustikgitarre, Jimmy Reimers ist an der E-Gitarre. Lindells eigene Band wird durch Anton Lindell am Bass und Simon ‘Kosmos’ Wilhelmsson am Schlagzeug vervollständigt, und dann sind da noch die wunderbaren Bläser.
Eine interessante Wendung gibt es beim letzten Stück “Do Me In”, bei dem die Strophe in einem hohen Falsett gesungen wird und das trotz des Verzichts auf die Bläser immer noch wie eine erstklassige Soul-Ballade klingt mit einem langen instrumentalen Ausklang, bei dem besonders das Klavier im Vordergrund steht.
Es bildet den Abschluss eines der wahrscheinlich in diesem Jahr besten Soul- Albums und ist umso bemerkenswerter, als das es nicht in Lindells Muttersprache gesungen oder gar von ihm geschrieben wurde. Danke an dieser Stelle an Jörg von Starkult Promotion, der oftmals ein gutes Gehör für gute Musik hat und uns damit füttert. Man darf gespannt sein, was wir noch von Jesper Lindell erwarten werden. Zumindest ist die Messlatte des dritten Albums wieder ein Stückchen höher gelegt!
Aktuell bespielt Jesper Lindell mit der Band The Brunnsvik Sounds den Norden Europas. Vielleicht ist ja für den*die ein*e oder andere*n etwas dabei!
Erwerben könnt ihr das Album natürlich bei JPC, aber auch bei der Merchbar!
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!