Wer regelmäßig Kultursendungen der öffentlich-rechtlichen Sender schaut oder hört, ist an Karl die Große in den letzten Monaten kaum vorbeigekommen. Die wunderbare MDR Club-Session aus dem UT Connewitz findet ihr übrigens noch hier in der Mediathek. Gleichzeitig lief die aktuelle Videopremiere bei Diffus, und da haben wir den Salat: „Was wenn keiner lacht“ von Karl die Große ist ein so großartiges Album geworden, dass die Zielgruppe schier grenzenlos groß ist.
Die 6-köpfige Band aus Leipzig spielt Indie-Pop für alle, und das im besten Sinne. Karl die Große interpretieren ihn als eine Mischung aus Songwriter-Folk mit Jazz- und Hip-Hop-Elementen. Mal elektronisch, mal akustisch – aber immer spannend.
Das Album startet mit dem biografischen „Das Dicke Mädchen hat es den Berg hochgeschafft“, der pointiert die Themen Bodyshaming, Gleichberechtigung und Mobbing aufnimmt. Sängerin Wenke Wollny erklärt: “In dem Lied ging es mir auch darum, zu gucken, wie mit Frauen umgegangen wird, die etwas erreicht haben. Da gibt es dann die Boulevardpresse, in der es darum geht, wer jetzt wieviel ab- und zugenommen hat. Und dann gibt es die Politikerin, wo es dann doch wichtig ist, in welchem Outfit sie aufgetreten ist.”
Diese Mischung aus persönlichen Erfahrungen („Immer Immer“) und Gesellschaftskritik (“Generation A”) zieht sich durch das gesamte Album. Mein Lieblingszitat:
„Du hast nur das eine Leben, fang endlich an aufzugeben.“ Rumms. “On my side” heißt der Song, in diesem trifft Wencke Wollny zusammen mit Gast Fatoni auf Freunde von früher.
Was wurde aus den gemeinsamen Träumen? Wer hat sich wie verändert – und warum? Das mit Fatoni, Maeckes und Francesco Wilking (“Die Höchste Eisenbahn”) hochkarätige Gäste auf dem Album vertreten sind, sorgt für Abwechslung und zeigt, welchen Stellenwert Karl die Große unter MusikerInnen bereits genießt. Das poppige “Gefällt” ist zuckersüß und wird auch den Fans von Silbermond und Nena gefallen. Ob das auch für die restlichen Songs auf „Was wenn keiner lacht” gilt, sei mal dahingestellt.
Auf jeden Fall ist das schwierige zweite Album ein Volltreffer geworden. Interessant erzählt regen die 16(!) Songs auf der Doppel-LP zum Nachdenken an, ohne an irgendeiner Stelle deprimiert oder desillusioniert zu klingen. Bemerkenswert auch die Produktion, die meist klingt, als wäre die wunderschöne Stimme von Wencke Wollny zusammen mit allen Instrumenten zusammen live eingespielt worden.
„Was wenn keiner lacht“ ist seit dem 19. Februar auf der Website der Band erhältlich.