Wusstet ihr, dass Jimmy Page – Gitarren-Visionär und Les Paul-Purist in einem – für das Solo von “Stairway To Heaven” einst eine Telecaster benutzt hat? War ein Tipp vom Produzenten. Über die Popularität des SWR 1-Hits müssen wir hier nicht dikutieren. Was aber hat das jetzt mit dem Konzert von Dirty Sound Magnet aus Fribourg/Schweiz in Stuttgarts Goldmark’s zu tun? Nun, im Wesentlichen folgendes:
1. Wohlweislich hat der Nachwuchsgitarrengott Stavros Dzodzos, der heute auf der Bühne steht, gleich beide Arbeitsgeräte zur Verfügung, eine Les Paul und eine Telecaster (dazu noch eine ES-335, welche aber nur einmalig zum Einsatz kommt).
2. Ähnlich wie damals der Produzent, weiß Dzodzos ganz genau, wann welches Instrument seine Wirkung voll entfalten kann.
3. Was eine Platte meistens nicht leisten kann, ein Livekonzert dagegen schon, ist Raum für Improvisation zu bieten. Und bei eben jenen Improvisationen von Dirty Sound Magnet und im Speziellen von Dzodzos an der Gitarre muss ich anhand dessen experimentierfreudigem Stil und Spiel immer wieder an Jimmy Page denken, auch wenn ich diesen altersbedingt nur von Platte und auch von dieser einen berühmten DVD kenne. Heute Abend fehlt jedenfalls nur noch der Geigenbogen.
Doch nun noch mal auf Reset. Dirty Sound Magnet gastieren in Stuttgarts bestem Liveclub, dem Goldmark’s. Das garantiert von vornherein schon mal gute und heimelige Stimmung und einen perfekten Sound vom Soundmann Michel. Zwei wesentliche Bestandteile eines gelungenen Konzertabends sind quasi garantiert und im Preis inklu, egal was Band und Publikum daraus machen. Tatsächlich sieht es auch anfangs nicht danach aus, dass hier und heute die Hölle los sein wird. Doch als die Band pünktlich um 21:00 Uhr die Bühne betritt, ist der Laden wie aus dem Nichts und für meinen Geschmack so was wie ausverkauft.
Vorband? Braucht es nicht. Dirty Sound Magnet allein reichen aus für zwei Stunden beste Unterhaltung und gute Laune beim Publikum. A propos Publikum: außer meinem alten Bekannten Klaus, dem Personal sowie den Veranstaltern Robin und Anja von Trash-A-Gogo! kenne ich heute niemanden hier. Klar, ist das Goldmark’s für gewöhnlich eher DIE Venue für alles, was mit Punkrock, härterer Musik und auch mal Stoner Rock zu tun hat, spielt heute eine für die Venue eher ungewöhnliche Band. Dirty Sound Magnet präsentieren sehr frisch und modern wirkenden Psychedelic Rock mit Prog Rock und Blues-Elementen und wenn da im www zu lesen ist, dass sie wie eine Mischung aus The Doors, Led Zeppelin, Pink Floyd und Frank Zappa klingen, dann ist das sicherlich auch nicht ganz verkehrt. Deshalb eben heute mal das etwas andere, definitiv aber sehr sympathische und der Band für ihren Auftritt dankbare Publikum, bestehend aus einer erstaunlich homogenen Mischung aus jungen Menschen und älteren Semestern.
Dirty Sound Magnet gegenüber dankbar zu sein, fällt aber auch nicht allzu schwer. Zu gut ist die, nach eigener Aussage seit zwei Jahren tourende Band aufeinander eingespielt. Blind aufeinander abgestimmt, mit der richtigen Mischung aus handwerklicher Präzision und spontaner, emotionaler sowie musikalischer Intuition. Inhaltlich bieten sie eine gute Mischung des Materials der bisher vier veröffentlichten Alben, die in ihrer jeweiligen Ausrichtung doch schon recht stark divergieren. Das macht Spaß und das sorgt für Spannungsbögen noch und nöcher. Sollte Bombast-Rock jemals wieder bombastisch werden, Dirty Sound Magnet wären heiße Kandidaten dafür, Stadien zu füllen. Und auch wenn ich kein Messias, kein Moses und auch nicht das kleine Jesuskindchen bin: ich prophezeie Dirty Sound Magnet hiermit schriftlich, dass sie in dieser Form noch groß von sich reden machen werden.
Vorerst bin ich persönlich jedenfalls doch sehr froh, dass ich das Trio hier und heute (noch) in kleinem und schnuckeligem Ambiente in meinem Lieblingsclub erleben darf. Gleich zwei Superlative an einem Abend also. Mensch, was brauchst du mehr?! Da Dirty Sound Magnet wohl auch weiterhin (mindestens aber in 2024) fast nonstop auf Tour sein werden: checkt unbedingt, wann sie in eurer Nähe sein werden und geht da bitte, bitte hin!