Erste Phase: Skepsis.
Dieser Name. Ich weiß nicht. Klingt entweder nach einer befindlichkeitsfixierten Poesiealbumcombo oder nach schlimmen Saufpunk. Was ist schlimmer? Aber andererseits gibt es auch Musikseiten, die Vinyl-Keks heißen und super sind. Also lassen wir das mit der Vorverurteilung lieber.
Zweite Phase: Interesse.
Kornblumenblau ist eine Thüringer Punkrockband mit Frontfrauengesang, deutschsprachigen Texten und Akkordeon. Akkordeon! Da geht mir das maritime Herz auf. Punkrock mit Akkordeon ist per se super, Punkt. “Wind gen Morgen” ist das zweite Album der 2014 gegründeten Band und macht optisch schon mal einiges her. Schönes Artwork, klassisches schwarzes 180-Gramm-Vinyl, Textblatt und jede Menge Aufkleber. Sehr fein. Jetzt muss nur noch der Inhalt stimmen.
Dritte Phase: Reinhören.
Was soll ich sagen? Die Band überzeugt vom ersten Ton an mit tollem treibenden Punkrock, der in den besten Momenten durchaus nach den Vorbildern Pascow oder Turbostaat klingt, deren Logos die Bandmitglieder auf Bandfotos gerne zur Schau stellen. Dazu kommt der prägnante Gesang von Frontfrau Pauline, die bei zwei Songs besondere Unterstützung bekommt: Bei “Leerer Rucksack, volles Herz” ist Rico von Elossa mit an Bord. Und beim großartigen “Die Gleichen” – einer Abrechnung mit der ebenso pseudoharten wie weinerlichen Deutschrockszene – schaltet sich Gunnar von Dritte Wahl ein.
Zu den Höhepunkten auf “Wind gen Morgen” zählen zudem der Opener “Haltlos”, der Titelsong und vor allem “Mücke”, das mit Dalai-Lama-Zitat und sehesnwertem Video glänzt. Und natürlich sind alle Songs mit Akkordeon grundsätzlich schon mal auf der Gewinnerseite (erwähnte ich schon, dass Punkrock mit Akkordeon per se super ist?).
Textlich arbeiten sich Kornblumenblau an Themen wie Polizeigewalt, Rechtsruck und soziale Ungerechtigkeit ab. Mir gefallen dabei die etwas verklausulierteren Passagen besser als die eindeutigen “Genau das prangere ich jetzt an”-Lyrics.
Vierte Phase. Fazit.
Wenn ihr deutschsprachigen Punkrock mögt, der nicht platt und stumpf ist, solltet ihr Kornblumenblau auf jeden Fall eine Chance geben. Wenn ihr Akkordeons mögt sowieso. Wut und großes Herz: Diese Band bietet beides. Und das ist mehr, als man über die meisten anderen sagen kann.
Bestellen könnt ihr das Album ganz einfach direkt bei der Band.