Krälfe sind ein Noiserockduo aus Berlin. Cäthe Caspar bearbeitet die Felle und Ralf Küster dengelt den Bass. Soweit, so übersichtlich.
Ich muss augenblicklich mit einem überschwänglichen Lob anfangen. Für Vinyl-Verrückte wie mich ist dieses Cover der absolute Hammer. Ganz schlicht. Ein recht fester, gut genähter Stoff hat Platz für drei schlichte Aufnäher: Krälfe, Kollektive Halluzination und den Titel “Split Reality”. Auf der Rückseite ist nichts weiter genäht. Sehr sehr schick, gibt es wohl in diversen Stofffarben.
Ich lege als erstes die Seite mit Krälfe auf, drei Songs und 17 Minuten Spielzeit. Wow. Diese Länge gibt auch das Tempo des Songaufbaus vor. Bass und Schlagzeug sind ja das minimalste Grundgerüst einer Rockband. Ich nehme an, durch einen Looper werden einige wenige Gitarren zugespielt.
Klar, es wird viel mit den Elementen Laut/Leise gespielt, durch den Gesang der Drummerin Cäthe und der schieren Länge des Tracks bekommt die Musik einen Sog, der den Hörer nur hineinziehen kann. Abtauchen. Es ist nicht zu noisig durch fast jazziges Gefrickel, Krälfe nutzen etwas mehr Harmonien und stützen ihr Soundgerüst auf einige Basseffekte, die das durchgängige Spiel abwechslungsreich machen.
“The End Of Our Time (Part 1)” ist eine Extended Version, so nachzulesen, allerdings auch nur eine Gitarre. Irgendwie überraschend. In meinen Ohren könnte das gut ein Filmthema sein. Zum Abschluss folgt noch “Digital Dismay”, welches so klingt, als hätten sie das Thema des vorherigen Songs leicht abgewandelt und irritieren nun damit meine Gehörgänge. Es ist kein Noiserock mehr, eher psychedelischer Progrock. Krälfe eine sehr wandlungsreiche Zwei-Mensch-Combo, die bereits mehrere eigene Alben herausgebracht haben, gerade dieses Jahr auch eine Doppel LP mit dem Titel “Gravity Sucks”.
Mit Seite Zwei beginnt ein noch reduzierteres musikalisches Kapitel. Kollektive Halluzinationen reduziert sich nämlich selbst auf eine Person, ein Multiinstrumentalist.
Mathias Weisshoff startet mit “Life in An Ashtray” mit garagemäßig verzerrten Gitarren und mehr Noise als Krälfe auf der anderen. Der Bandname ist aber das, woran ich erstmal kleben bleibe. Schöne 70er Jahre Assoziation, als man noch in Ashrams gemeinsam die kollektive LSD-Overdose zu sich genommen hat, um das Bewusstsein zu erweitern. Ganz so klingen die sehr abwechslungsreichen Songs nicht. Meist recht kurz und knackig gehalten. Garage, Elektro-Synth, ganz leicht an der Grenze zum Wahnsinn schrammend. “Bad Lullaby” ist so manisch, man möchte niemandem wünschen in seinem Rausch darauf einzuschlafen.
Insgesamt wird mit fortschreitender Laufzeit immer mehr Irrwitz in die Musik eingefügt, obschon es immer eine halbwegs greifbare Melodie gibt, die unter all dem Wahnsinn hervorschimmert.
Zwei instrumentale Stücke “Krill” und “Tschernobyl” schimmern noch zwischen akustischen Höruzillationen. Zusammengefasst untermalen die “Kollektiven Halluzinationen” einen eher miesen LSD-Trip, musikalisch aufwertend. Durchgeknallte Synth-Noise-Rock-Musik verschmelzt Gehörgänge und Unterbewusstein.
Unbedingte Kaufempfehlung. 200 Stück auf Vinyl, jede mit individuell genähtem Cover. Gibt’s bei Bandcamp!
Oder bspw. auch beim Noisespezialisten X-Mist.
Es gibt nicht viel zu finden zu den beiden Bands im Internet. So biete ich euch mal ein Konzert vom 15.08. in Bremen an.
Release dieser Split 12″.