Freund*innen der leichten, mal lauten Unterhaltungsmusik, mit der nun folgenden Musik müsst ihr, müssen wir die Komfortzone verlassen. Denn was da aus dem Hause Kofferradio eingetrudelt ist, ist anders.
Zu hören sind zarte Melodien, mal auf dem Klavier eingespielt, mal auf der elektronischen Variante. Dazu die ebenso zarte, gefühlvolle Stimme von Kyrre Kvam. Es klingt fast sakral, was da aus den Boxen strömt. Fließende, intensive, sphärische Klänge in denen sich Stimme, Gesang und Klavier verschmelzen zu einem Gefühl, was ich schwer einordnen kann. Außergewöhnlich, berührend, intensiv, drängend, fordernd, einnehmend, vereinsamend alles zugleich, fast unangenehm intensiv. “Lost In Translation” – der Titel passt.
Das Ganze ist so einnehmend, dass ich erst im zweiten, oder dritten Hören über die Texte stolper, die mal in deutscher, mal in englischer Sprache gesungen sind. Das Aufschlagen des posterfomatigen Einlegers lässt mich schlauer werden. Ich finde die Texte und die Textquelle. Das erste Lied “Feuerlilie” ist eine musikalische Gedichtinterpretation von Rainer Maria Rilke. Kyrre Kvam ist nicht der erste Künstler, der sich Rilke annimmt, unter anderem Schönherr & Fleer haben mit dem “Rilke Projekt” schon in Zusammenarbeit unterschiedlicher Künstler*innen und Schauspieler*innen Texte vertont (sehr empfehlenswert).
Aber es sind ja noch 9 weitere Lieder auf der Platte zu hören in denen weiter Reichte stattfinden, so zum Beispiel Stephanie Mohr, Louise Labè und Shakespeare. Was durch die reduzierte und klare Instrumentalisierung meist eindringlich klingt und eine tiefe Schwere in sich trägt, ist aber in “Ich leb ich stirb” in eine fast liebliche Melodie gepackt, oder in “On Monsieur’s Departure” sehr klassisch komponiert.
Wer Freude an Lyrik und einem intensiven Hörerlebnis hat, findet sicher viel Freude an “Lost In Translation” von Kyrre Kvam und kann das schwarze Vinyl hier erwerben.
Noch ein wenig Backroundinfos: Kyrre Kvam hat in Oslo Schauspiel und Musical studiert und in verschieden Musicals gespielt, ehe er für Theater und Fernsehen komponiert hat. Lost In Translation” ist nun sein zweites Album. Der Vorgänger “2508” erschien 2014.