Ich mag keine EPs. Gute EPS, sind eigentlich die schlechten, dann ist es wenigstens schnell vorbei. Die EP „Longest Day Of My Life“ von Leyya gehört definitiv zu den viel zu kurzen, guten und darum schlechten EPs. Ich hoffe mein Argumentationsstrang ist soweit nachvollziehbar, sonst einfach nochmal beim ersten Satz anfangen. Ich gebe zu, bei dem ganzen gut und schlecht, kann man schon mal den Faden verlieren.
Den Faden verlieren kann man auch, wenn man auf die Trackliste auf der Coverrückseite schaut und den Songs zuhört. Weil zumindest auf meinem Exemplar die Nummerierung nichts mit der auf dem Vinyl zu findenden Reihenfolge zu tun hat. Aber ob dies nun ein Versehen im Druck oder in der Pressung ist, oder schlicht Absicht, weiß ich nicht. Ich bin dieser Frage auch garnicht weiter nachgegangen, was ich ja durchaus hätte tuen können, vielleicht auch tun müssen, würde womöglich manch eine:r sagen. Aber nach dem ersten, etwas genervten „Hääähhhh“, finde ich es eigentlich ziemlich genial! Finde ich, dass man das auch einfach mal so machen kann und weigere mich auch hier Aufklärung über die „richtige“ Trackreihenfolge zu leisten. In Zeiten des Streams, in dem sowieso die meisten Hörer:innen (behaupte ich einfach mal) sowieso einfach meistens auf Shuffle stellen und so die Gesamtheit der Platten des Gesamtwerks als ganzes und solches, in diesem Fall der EP sowieso nicht die nötige Beachtung geschenkt wird, weil nicht geschenkt werden kann, ob des eigenen Konsumverhaltens, finde ich die so gestaltete Trackliste einen guten move. (Auch wenn wir als Freunde des physischen Tonträgers uns natürlich von derartigem Konsumverhalten distanzieren würden.)
Also jetzt aber zur Platte. Eine EP, sechs Songs. Wunderschönst melancholisch, ohne zu sehr Tränendrüse und Selbstmitleid zu strapazieren. Viel eher eine Beschreibung des Inneren, des Seelen- Status Quo’s, eine realistische Einschätzung, des eigenen Schwarz. Die Bilder, die textlich, zum Beispiel in „I’ve Been Down“ aufs Papier gezeichnet werden, werden durch melodische, elektronische Klänge ausgemalt in grau mit bunt. Auch „Am I Even Real“ ist so ein Song, wie eine Zeichnung von sich selbst, die man entdeckt, in der man sich entdeckt, ohne sich wieder zu finden, ohne zu wissen ob man nur dieses Konstrukt ist. So trägt uns die Stimme Sophie Lindingers durch die Platte und irgendwie schafft sie es, dass ihr Gesang wahnsinnig zart und zerbrechlich wirkt und genau durch diese Offenlegung Stärke ausstrahlt.
Die lyrische Beschreibung eines Seelenzustandes, die Beschreibung des Fühlens und Nicht-fühlens während einer Depression gelingt Leyya. Und Sophie Lindinger benennt auch offen, dass dies die Konzeption der Platte ist. Das über Depressionen und seelische Erkrankungen gesprochen oder eben gesungen werden muss, der Thematik Raum gegeben werden muss, um einer Stigmatisierung entgegen zu wirken, um Verständnis für Betroffene zu schaffen.
Mit „Longest Day of My Life“ schaffen Leyya eine viel zu kurze, thematisch aber in sich geschlossene und absolut hörenswerte EP in melancholischem, elektronischem Indie-Pop, die sich auch aufgrund der musikalischen Aufarbeitung des Inneren, von den bisherigen, poppigeren Leyya – Platten, wie die 2018 erschienene „Sauna“, unterschiedet.
Hinter Leyya steht das Duo Marco Kleebauer, sowie die bereits erwähnte Sophie Lindinger. Die EP „Longest Day Of My Life“, als Vinyl am 10.09. via Ink Music erschienen, ist auch direkt dort als Black 12“, oder im Bundle erhältlich.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |