Am 19. April 2012 starb Levon Helm an den Folgen einer Krebserkrankung, ziemlich genau zehn Jahre später erscheint bei Anti- ein neues Album des Mannes, der unter anderem mit The Band Musikgeschichte schrieb.
Im Sommer 2011 lud Levon seine langjährige Weggefährtin und Freundin, Soulsängerin Mavis Staples, zu seiner “Midnight Ramble” Reihe in seine Studios nach Woodstock ein, um dort gemeinsam ein Konzert zu spielen und aufzunehmen. Der Mitschnitt dieses Konzerts, der nicht nur den letzten gemeinsamen Auftritt der beiden Musiker*innen dokumentiert, sondern auch mit zu den letzten Aufnahmen Helms zählt, ist nun in einer sehr schön gemachten Doppel LP Variante veröffentlicht worden. Die Schallplatten laufen mit 45 Umdrehungen und sind aus durchsichtigem Vinyl. Die Platten stecken in gefütterten Innenhüllen, welche wiederum im Gatefold-Cover sicher verstaut werden, das Cover ist, wie das gesamte Artwork, recht schlicht gehalten, die dominierende Farbe ist schwarz. Klassisch und absolut passend für diese musikalische Zeitreise. Einzig ein Booklet fehlt, denn etwas mehr Informationen zu der Geschichte und den Hintergrund dieses Mitschnittes wäre prima gewesen. Ich hätte mir paar Anekdoten und/oder Linernotes von Mavis Staples gewünscht, warum und wie die Songauswahl zustande kam zum Beispiel, denn mit u.a. Titeln von Bob Dylan, Nina Simone oder den Rolling Stones ist die Bandbreite und die Qualität der dargebotenen Stücke sehr hoch. Bei dem Song “This may be the last time” ist die Gänsehaut fast schon vorprogrammiert, denn es kann rückblickend ja prophetisch bezeichnet werden. Eine weitere nette Story, die sich für ein Booklet geeignet hätte, ist die Tatsache, dass Helms Tochter Amy im Backgroundchor mitgesungen hat und bestimmt etwas zur Atmosphäre zwischen ihrem Vater und Mavis, aber auch zur Stimmung beim Konzert hätte erzählen könne. Schade, dass darauf verzichtet wurde, aber uns bleibt immer noch der Rest dieser wertigen Vinylversion.
Wertig ist nicht nur die Aufmachung, auch die Produktion besticht durch einen glasklaren Sound, der es trotzdem schafft die Live-Atmosphäre einzufangen. Die Instrumentierung, der Backgroundchor und der Leadgesang sind gut aufeinander abgestimmt, so dass der Wechsel von souligen Nummern über dunklem Blues hin zu sakralen Gospelstücken wie aus einen Guss passiert. Natürlich auch getragen von dieser Mordsstimme von der damals 72 Jahre alten Mavis Staples, die die afroamerikanische Musikkultur verkörpert und lebt. Mein lieber Scholli, wenn sie singt hört man die jahrzehntelange Erfahrung einfach.
“Carry Me Home” ist ein tolles Album, das zurückgeht an die Ursprünge des Rock’n’Roll, die im Soul und Jazz, im Blues liegen. Hier wird Musik zelebriert, hier wird die Freundschaft zweier Legenden zelebriert, hier werden Gefühle Töne, Erinnerungen aufrechterhalten. Das hier ist pur. So muss das sein. Eine meiner diesjährigen Lieblingsplatten bisher.
Genug der Worte. Kauft dieses Platte und taucht ein in amerikanische Musikgeschichte.
Hier u.a zu kaufen.