Wenn ein Album “zwei vor zwölf” heißt, bedeutet dass in 2023 dann, lass uns hochrechnen, wann war fünf vor zwölf, vor 30 Jahren?, dass das Album in 2030 dann “es ist 12” heißen muss? Ist dann wirklich die Zeit auch mal abgelaufen?
Metzgerbutcher, soviel kann ich verraten, sie geben uns auf ihrem Debut-Album keine Antwort darauf. Im Grunde fangen sie mit dem Gegenteil an. “Mir geht es gut” ist eine Liebeserklärung an die Gegend, in denen das Zweier-Gespann lebt.
Das Duo trägt Indie-Elektro-Post-Punk durch die Boxen. Das geht flott los, uh ohuho-Chor. Die beiden haben total Bock auf Musikmachen und sind bei ihrem selbstbetitelten Label im Eigenvertrieb erschienen. Mir gefällt direkt die Lakonie und diese reduzierte Poppigkeit; es wirkt, als hätten sie jede Menge Spaß daran; nein, man merkt es.
Metzgerbutcher sind, zwei Männer mit einer Gitarre und einem Laptop, wohl ein Corona-Projekt, dem Jahre 2020 entsprungen und haben fleißig Songs geschrieben und veröffentlicht in den drei Jahren.
Drei Songs haben es auch von den vorangegangenen EP’s auf die LP geschafft: “scheißegal”. Die Aussage empfinde ich aus der Mittelstandsgesellschaftlichen Perspektive gut, egal wer du bist und wie du heißt, sei kein Arschloch! Warum ich das so schreibe, nun, ich bin schon ein wenig enttäuscht darüber, dass die meisten Menschen diesen Teil des Grundgesetzes immer noch nicht verstanden haben, und noch schlimmer, in Schulen das den Kids auch nicht erklärt wird, wie das gesellschaftlich funktionieren muss.
Das sind vor allem Kids, die diese Musik einfach nicht erreicht.
Wie auch immer, ihr seht, ich komme ins Nachdenken, von daher noch ein Punkt, der die Band Metzgerbutcher erreicht hat. Und diesen Punkt will sie erreichen.
“sprachnachricht” und “was glaubst du?” sind eben auch von den EP’s “Pferd” und “Kultur”.
Neuer Stuff ist mit sieben neuen Tracks mit dabei. Zehn sind es gesamt in 26 Minuten Spielzeit. Das sollte jedes Punkerherz höher schlagen lassen, denn die Songs sind kompakt und dudeln nicht rum.
“Außendienst” gefällt mir total gut, erinnert an die letzten Sachen von den Boxhamsters (“1982” ist der Anspieltipp)
Beim Song “Pferd” passiert dann das, womit ich irgendwie von Beginn an gerechnet habe: bei Metzgerbutcher blinzelt der Funpunk um die Ecke. In Form von etwas Trio-eskem, mit dem Schalk von Die Ärzte. Lakonisch, aber lustig. Rumba-Rhythmus und Stakkato-Gitarren.
Post-Corona-Blick auf die Songs “was glaubst du”, in dem sie damit hadern, dass man befreundet war und nun so hart getrennt wurde, weil der andere nur noch an bestimmten, sogenannten, meinungsbildenden Organen hängt.
Was ist passiert? Was ist mit Dir los?
Bin irritiert, was glaubst Du da bloß?Ich fand Dich stets intelligent,
jemand der Welt und Leben kennt,
doch nun gehörst zu all jenen,
die sich in Diktaturen wähnen.
“Halt abstand” (du Arsch), der uns in feiner (elektro)Deutschpunkmanier die klare Aussage in 55 Sekunden ins Hirn prügelt.
Ein Glück sind diese beiden Jahre rum. Leider in unserem Alltag vehement eingekehrt: Weltverschwörungsglaube, Abstandlosigkeit, absolute Meinungs-Deutungshoheits-Glaube.
Die Bonner Band hat am Ende “stadt am meer” im musikalischen Koffer. Ruhig plätschern die Elektrowellen also aus.
Sehr schönes Album. Irgendwo zwischen Elektro-Indie mit Punkwurzeln. Album gibt es auf der Bandcamp-Seite: