Milli Dance & U.N.O. – Fünf vor Fick

“Mag auch die Pandemie vorbei sein/Handshakes gibt es noch immer nicht” – nein, Milli Dance hat auch weiterhin keine Lust auf Verbrüderung mit rechten Arschlöchern, Verschwörungsschwurbler*innen und der Springer-Presse. Im Titelsong seines neuen Albums schickt der Rostocker Riot-Rapper schließlich auch noch den Adel zum Schuften aufs Erdbeerfeld und endet mit der hübschen Zeile „Schreibt’s an jedes Wahrzeichen: Ich bin da wat am plan’n bei/Tour-Auftakt, autonomes Zentrum, Schloss Neuschwanstein.“

Eigentlich kennt man Milli Dance als Teil des Hip-Hop-Kollektivs Waving the Guns, dessen aktueller Status nach dem Ausstieg von Admiral Adonis (Rap) und Doktor Damage (Produktion, Beats) allerdings etwas unklar ist. Zuletzt veröffentlichte Milli 2018 gemeinsam mit Pöbel MC das sehr gelungene Album „Soli-Inkasso“. Für „Fünf vor Fick“ hat er sich nun den Dresdner Beatschrauber U.N.O. an die Seite geholt, dessen hübsch old-schooliger Soundteppich den idealen Untergrund für Millis wütende und eindringliche Texte liefert. Klamauk oder Partytracks, wie sie geistesverwandte Künstler*innen wie Neonschwarz, Swiss oder die Antilopen Gang gerne mal einstreuen, sucht man hier vergebens.

Auch überschwänglicher Optimismus ist Millis Sache nicht. Er zelebriert den Minusstand im „Verlustgospel“, verzweifelt an der hiesigen Rapszene in „Was für ein Erfolg“ und kommt mit Blick auf den alltäglichen Rassismus zum Schluss „Die Geschichte lehrt uns/dass niemand aus der Geschichte lernt“. Und wenn mal Hoffnung aufblitzt wie in „Letzte Stunden“, dann wird diese durch die eigenen Ängste und Zweifel wieder kaputtgemacht: „Ich lebe im Moment und im Moment is’ easy/Aber warte nur darauf, dass etwas Schreckliches passiert.“

Erschienen ist „Fünf vor Fick“ auf Millis Stammlabel Audiolith. Wer Hip-Hop mit klarer linker Attitüde und ohne Anbiederungen an den Trap-Zeitgeist schätzt, sollte unbedingt reinhören. Die elf Songs (in knapp 32 Minuten) kommen auf Vinyl natürlich besonders gut – alleine wegen des schönen Covers, das geradezu nach einer Graffiti-Adaption am örtlichen AZ schreit.