Grundsätzlich können die Buben im Pelz ja nichts falsch machen, solange sie sich an Ihrem Debüt – der Wiener „Coverversion“ von The Velvet Underground & Nico – orientieren. Nein, natürlich sollen sie sich auch weiterentwickeln, alles andere wäre ja auch irgendwie langweilig. Trotzdem ist es wichtig, bestimmte Elemente beizubehalten, um einen Wiedererkunnungsfaktor zu haben und dazu gehört hier natürlich auch der Dialekt.
Jedenfalls wurde das vorliegende Album “Geisterbahn” bereits 2019 aufgenommen, allerdings wie bei so vielen Produktionen pandemie-bedingt erst jetzt veröffentlicht. Mitgewirkt hat hier auch Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten, denn zwischen den Musikern bzw. Bands herrscht gegenseitige Sympathie – warum also nicht kollaborieren.
Eröffnet wird der Langspieler mit „Fieber“, einer fuzzigen Blues/Rock’n’Roll-Nummer á la White Stripes oder alte Black Keys. Im Gegensatz zu anderen Bands aus Wien, ich möchte jetzt keine Namen nennen, wirkt bei den Buben im Pelz alles deutlich authentischer und viel weniger aufgesetzt. Ich merke, dass den Jungs einfach Spaß macht zu tun, was sie tun und es ihnen nicht darum geht, eine möglichst breite Hörer*innenschaft zu erreichen – obwohl sie das absolut verdient hätten.
Die Buben im Pelz sind auf ihrem auf Noise Appeal Records erschienen Album “Geisterbahn” wunderbar vielseitig unterwegs. Das Album ist eine Länder und Städte übergreifende Produktion, an deren Ende ein schöner und kruder Mix entstanden ist. Von 60s-Garage-Rock über Cover-Ehrungen der Scherben oder einer „Wiener Schwermut“-Version von “Bella Ciao” (ich konnte es ja wirklich nicht mehr hören – aber das geht total klar) bis zur gefühlvollen Ballade ist bei den zehn Songs für alle was dabei. Übrigens erinnert mich die Buben im Pelz-Version von “Bella Ciao” enorm an Nicos “Welt der Träume”.
Auch der Post-Punk kommt den Buben nicht ungenutzt davon, der wird im dystopischen Titel „Saurer Regen“bemüht – und das mit absolutem Know-how. “Geisterbahn” ist kein wild zusammengestückeltes Machwerk, sondern ein wohl eingependeltes Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Schönheit und Grausamkeit. Sogar innerhalb einzelner Songs, wie zum Beispiel „Gott straft das Internet“ wird eine Abwechslung zwischen Tragik, Humor, Ballade und Punk dargeboten, die manche andere Combo über ihre gesamte Diskografie nicht zusammenbekommt.
Alles im allem ein absolut gelungenes zweites (wenn man mal das Cover-Album raus nimmt sogar erstes) Album. Ausgewogen, abwechslungsreich und authentisch. Auch die Aufmachung des Covers passt einwandfrei zur Musik – etwas distanziert, aber trotzdem irgendwie cool. Das Inlay liefert Texte zum Mitsingen und die Platte kommt in rotem Vinyl daher. Dieses Album ist sehr gut.
Kauft euch das Album doch einfach direkt HIER.