Im Januar erschien die Platte der französischen Hardcorepunx von Mon Autre Groupe. Los geht es: Scheibe auf den Plattenteller und nach einem ganz kurzen, recht entspannten, doch spannungsgeladenen Intro fährt der Hochgeschwindigkeitszug ab!
Mein lieber Scholli (sagt man das heute noch?), ein riesen Stapel Wut und Energie gilt es in den nächsten 13 Songs loszuwerden. Die Band unterbietet sich in fast jedem Stück aufs Neue. Das kürzeste Stück dauert 20 Sekunden, das längste unter zwei Minuten. Die Band hat sich zusammengesetzt aus einigen anderen (ehemaligen) Pariser Bands, die mir leider alle nichts sagen.
Die Titel der Songs sind klar und deutlich: “la Médaille” (der Verdienstorden), “la Sensibilité” (das Zartgefühl), “la Prospérité” (der Wohlstand) oder das titelgebende Stück “la Joie” (die Fröhlichkeit). Ich tippe mal auf Tarot-Karten, von denen die Bezeichnungen stammen.
Es gibt in Frankreich also auch Hardcore abseits der Screamo/Emo-Befindlichkeitstexte! Bei Mon Autre Groupe keift die Sängerin Fanny eine Menge Bitterkeit, Desillusioniertheit und ein Unverständnis gegenüber der Geringschätzung der gesellschaftlichen Untätigkeit heraus.
Wer jetzt denkt, dass ich mit meinen Schulfranzösisch hier weit gekommen bin: aux contraire! Ich habe mir ein paar ihrer Lyrics übersetzen lassen. Meine Mutter kann das doch besser, sie war so nett, mir auf die Sprünge zu helfen.
Musikalisch ist das trotz einer sehr punkigen, melodischen Attitüde crustig und düster. Alle Songs sind auf den Punkt gespielt und enthalten nicht einen unnötigen Ton. “la Joie” beispielsweise findet nach einem recht emotionalen Beginn ein ziemlich heftiges Ende.
Ich verzichte bewusst auf Vergleiche mit anderen Bands. Zum einen sind Mon Autre Groupe dafür zu abwechslungsreich, zum anderen: Lasst euch einfach auch überraschen! Für mich eine tolle Neuentdeckung, hatte ich in letzter Zeit doch eher Spaß an punkigeren Bands wie Litige.
Erschienen ist diese Platte als einseitige EP. Auf Seite 2 finden sich drei (!!!) weitere EPs aus vergangenen Jahren: “Tumeur” mit sechs, “Décadence” mit acht und “Oméga” mit neun Songs. Macht 13 neue Lieder plus 23 Bounstracks. Wenn das mal nicht eine Ansage ist. Auf die gesamte Lauflänge verliert die Band dabei nie ihren (Nach)Druck, den Biss.
Verpackt in ein Menschenfressercover kommt das Album mit 8″ Beiheft mit Lyrics und Fotos und als clear Vinyl mit braunen Schlieren.
Die Platte gibts beim französischen Label Guerilla Asso, bei dem ich feststelle, dass die Szene auch ziemliche viele Zines zu bieten hat. Klasse!
In Deutschland gibt es die Platte bei Fond of Life Records.